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Die gleichsam verblüffende wie amüsante Geschichte einer Namensgleichheit Rudolf Knönagel trifft auf Rudolf Knönagel

Von Thomas Linßner 05.12.2014, 02:21

Barby l Konstruieren wir mal folgenden Sachverhalt: Die Polizei wird zu einem Einsatz gerufen. In einem Haus ist es zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen, bei der das Mobiliar unüberhörbar leidet. Die Nachbarn fürchten zudem um die Sicherheit der Personen. Die Beamten klingeln, nehmen die Personalien zweier Männer auf. Die erste Person heißt Manfred von Lausitz-Oelpen, die zweite Person heißt auch Manfred von Lausitz-Oelpen. Raten Sie mal, wie die Beamten reagieren würden ...

Wie gesagt, eine ersponnene Geschichte.

Mal davon abgesehen, dass man in der Barbyer Gethsemanestraße weit davon entfernt ist, sich mit Möbeln zu bewerfen, kam es kürzlich zu einer wirklich verblüffenden Begegnung.

Rudolf Knönagel traf Rudolf Knönagel.

Der eine wohnt in Barby, ist 62 Jahre alt, der andere in Oldenburg, zählt 72 Lenze. Letzterer bereiste als Kapitän großer Handelsschiffe die Welt und hat jetzt als Rentner Zeit für Ahnenforschungsreisen. Die führten ihn in ein Magdeburger Kirchenarchiv, wonach er die Gelegenheit beim Schopfe packte, den Namensvetter in Barby zu besuchen.

Denn beide sind ganz, ganz, ganz entfernt miteinander verwandt.

"Nö, beide waren sich keiner solcherartigen Erkenntnissen bewusst und sicher."

So entfernt, dass sie schon wieder heiraten dürfen. Wenn sie Mann und Frau wären ...

Die Ur-Knönagelsche Sippe stammt aus dem Gebiet um das Brandenburgische Ziesar, wobei sich Einheimische des Namens "Nagel" mit eingewanderten Hugenotten, Namens "Knoever" verehelichten. Wie Rudolf Knö-Barby sagt, bezeichnet "Knoever" Menschen mit einem großen Kopf. Die Köpfe der Knönagelschen Altvorderen seien auch nachweislich großvolumig gewesen, was man auf alten und uralten Fotografien sehen kann. Was aber auch im übertragenen Sinne interpretiert werden kann: Sie waren dickköpfig.

Um 1750 spaltete sich die Sippe in eine Magdeburger- und eine Berliner Linie auf. Die Angehörigen der Magdeburger Linie leben mehrheitlich in Westdeutschland und die der Berliner Linie in Ostdeutschland. Es gibt aber auch Abkömmlinge in der Schweiz, in Spanien und den USA. "Und einige von denen denken vielleicht immer noch, sie wären die Einzigen mit so `nem komisch klingenden Namen", grinst Rudolf Knö-Barby.

Rudolf Knö-Oldenburg und Rudolf Knö-Barby wussten bis Anfang der 90er Jahre nichts voneinander.

"Während meiner Tätigkeit als Beauftragter des Freistaates Sachsen für die Recherche nach staatseigenen Liegenschaften auf dem Beitrittsgebiet in den Archiven von Sachsen-Anhalt, sind wir zwei uns 1993 erstmals begegnet", erinnert sich der Barbyer Knö. Das war im Grundbucharchiv Barby. Damals hatte ihn eine Kollegin darauf aufmerksam gemacht, dass sich eine Dame aus Bonn zwecks Grundbuchrecherche angemeldet hatte, welche ebenfalls Trägerin dieses etwas "komisch klingenden" Nachnamen sei.

Woraufhin der Barbyer seine Eltern anrief, ob sie ihm vielleicht eine verkappte Westverwandschaft vorenthalten hätten. "Nö, beide waren sich keiner solcherartigen Erkenntnissen bewusst und sicher", sagt Rudolf Knö-Barby.

Bei nachfolgendem Treffen habe er sich der Dame vorgestellt, die sehr amüsiert gewesen sei, denn in ihrer Begleitung befand sich ihr Sohn, Rudolf Knönagel ...

Beide wurden zum Kaffeetrinken und einen regen Gedankenaustauschs über die Knönagelsche Sippe in die Gethsemanestraße eingeladen. "Meine Eltern hatten sofort ihren Arier-Nachweis parat und somit auch die erforderlichen Abstammungsnachweise", weiß Rudolf Knö-Barby noch.

Der Nachweis reichte bis in das Jahr 1759 zurück, wo ein Peter Friedrich Knönagel als Sohn des gleichnamigen Rektors genannt wird.

Rudolf Knö-Oldenburg, trotz jahrzehntelanger Befehlsgewalt auf den stürmischen Meeren der Welt, ein freundlicher und aufgeschlossener Herr mit lachenden Augen, freute sich über einen Stapel historischer Familienfotos. Er hatte sie von seinem Barbyer Pendant geschenkt bekommen.

Es waren "Photos", aufgenommen kurz nach Erfindung der Fotografie, als die Lichtbildner noch "Hofphotographen" hießen. Sie zeigen allesamt gut betuchte Damen und Herren. Die vor allem eines eint: Sie haben große Köpfe.

Eben Knoever ...