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Marktbebauung ist für SWB nicht ohne Risiko / Potenzielle Mieterin: "Ich bin schon alt. Ich will nicht auch noch alt wohnen"

Von Ulrich Meinhard 14.02.2011, 05:39

Nun geht es bald los. Die Städtische Wohnungsbau GmbH macht ernst mit der Neubebauung des Schönebecker Marktplatzes. Am 2. März wird erster Spatenstich sein für ein ehrgeiziges Projekt, dem allerdings noch ein gängiger Name fehlt. Die Bevölkerung ist aufgerufen, Vorschläge zu unterbreiten oder ein Votum abzugeben.

Schönebeck. Im Flur der ersten Etage der Städtischen Wohnungsbau GmbH (SWB) steht das Modell eines Hauses unter Glas. Ein Hingucker. Interessant wirken die außergewöhnliche Fassade und der teilweise überdachte Innenhof. Trotzdem hat genau diese Projektierung bereits für Debatten in Schönebeck gesorgt. Das Modell zeigt den Siegerentwurf eines Architekten-Wettbewerbes, mit dem die SWB einen wesentlichen Eckpfeiler bei der Schönebecker Marktbebauung setzen will. Die skeptischen Meinungen sind mittlerweile weitgehend verklungen. Offenbar hat der Besuch von SWB-Geschäftsführerin Sigrid Meyer in einer Sitzung des Bauausschusses dazu beigetragen, die Wogen zu glätten. Mit dem visuell beeindruckenden Modell im Gepäck hatte sie das Bauvorhaben noch einmal dargelegt und war allgemein auf Zustimmung gestoßen.

"Wir sind jetzt auf der Suche nach einem passenden Namen für das Gebäude", erläutert Sigrid Meyer im Gespräch mit der Volksstimme. Über drei akzeptable Vorschläge werde im Hause bereits geredet: "Nicolaieck", "Haus Conitzer" und "Schlesingereck". "Wir sind interessiert an weiteren Vorschlägen oder aber einem Votum aus der Bevölkerung", betont die SWB-Chefin, die übrigens beim Abschluss des Architekten-Wettbewerbes nicht in der Jury gesessen hat. Vorschläge und Voten nehmen die SWB-Mitarbeiter in diesen Tagen also gerne entgegen. Denn wenn der erste Spatenstich erfolgt, soll das "Kind" einen Namen haben.

Wohnungen sind zu 90 Prozent vergeben

Apropos Spatenstich: Sollte der nicht längst Geschichte sein? "Das ist richtig. Aber der frühe Wintereinbruch hat uns einfach einen Strich durch die Rechnung gemacht", erklärt Sigrid Meyer. Sie sei in den vergangenen Wochen mehrfach von Bürgern gefragt worden, ob denn überhaupt noch gebaut werde. "Aber natürlich, ja", versichert die Geschäftsführerin. Sie verrät bei dieser Gelegenheit den Termin für den ersten Spatenstich: am Nachmittag des 2. März.

"Wir haben bereits alle potenziellen Mieter eingeladen", sagt sie und freut sich hörbar, dass schon jetzt gut 90 Prozent der künftigen Wohnungen an Interessierte vergeben sind. Das spreche für die Idee, für das Vorhaben. Bei einer Gesamtinvestitionssumme von knapp vier Millionen Euro dürfe freilich nichts schief gehen, verweist Sigrid Meyer auf das Wagnis, das das Bauvorhaben darstelle. Auch für ein vergleichsweise großes Wohnungsunternehmen wie die SWB sei der Plan Marktbebauung nicht völlig risikolos.

Verständnis für Kritiker, die an diesem Ort lieber ein Gebäude im tradierten Stile sehen wollen, also in der Fassade der hier abgerissenen Häuser, hat Sigrid Meyer durchaus. Aber, sagt sie, es gehe nur eins: Entweder noch Erhaltenes, Altes sanieren (so wie das alte Dümling-Stift, das im Auftrag der SWB zu neuem Glanz kam) oder neu bauen. Neu bauen im Stile des Alten sei allenfalls ein frommer Wunsch und nicht realisierbar. "Wir bauen doch im Heute und nicht im Gestern", zeigt Sigrid Meyer auf, dass jede Architekten-Generation eigene Schwerpunkte setzt und schon immer gesetzt hat.

Sie erklärt: "Es wird ein modernes Haus, zum Beispiel auch rollstuhlgängig und barrierearm." Eine ältere Frau habe ihr gegenüber geäußert, dass sie das neue Markt-Gebäude gut finde und habe gemeint: "Ich bin schon alt. Ich will nicht auch noch alt wohnen." Die neue Marktbebauung, hofft und glaubt die als "Salzlandfrau" ausgezeichnete Firmenleiterin, werde Akzente setzen. "Vom Baukörper werden Impulse für die Schönebecker Altstadt ausgehen. Vielleicht werden andere Hauseigentümer beginnen, ebenfalls Geld in die Hand zu nehmen und ihr Eigentum aufzuwerten", sagt Sigrid Meyer. Unterstützend werde in diesem Sinne sicher das städtische Vorhaben zur allgemeinen Marktplatzgestaltung wirken. Gerade in diesem Bereich hat sich die Verwaltung mit dem Baudezernat an der Spitze zeitnah einiges vorgenommen. Die aufwändige Pflasterung des Salztores war ein erster Schritt, dem nun weitere folgen sollen.

Im Erdgeschoss des neuen Markt-Hauses soll Gewerbe einziehen. "Wir sammeln noch Bewerbungen", sagt Sigrid Meyer zuversichtlich. Ein kleinteiliger Handel sei das Ziel. Im Geiste sieht sie den Terrassenbetrieb eines Cafés oder Bistros auf dem bald schon verkehrsberuhigten Marktplatz voraus. Zusammenfassend lässt sich das Credo der SWB-Chefin in etwa so formulieren: "Ich lege ganz viel Wert darauf, dass es schön wird. Aber nicht im Sinne von alt." Und die Jury, hebt sie noch einmal hervor, habe sich die Entscheidung nicht einfach gemacht. Letztlich müsse jedoch, bei allen Visionen, auch darauf geschaut werden, was finanzierbar ist. Mit einem Förderbetrag von 600 000 Euro liege die öffentliche Unterstützung im Vergleich zu manchen Projekten in den Vorjahren eher niedrig. "Aber ich bin froh über jeden Euro", betont Sigrid Meyer im selben Atemzug.