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"Wiederindienststellung" der St. Johanniskirche Warum die Kirche von sich selbst erzählt

Von Thomas Linßner 10.05.2011, 06:32

Die Barbyer Johanniskirche steht der Öffentlichkeit wieder für Gottesdienste zur Verfügung. Nach der Sanierung für rund 200000 Euro erfolgte die feierliche "Wiederindienstnahme" des gotischen Gotteshauses am Sonntag.

Barby. Es war unübersehbar: Die Besucher des Gottesdienstes verdrehten sich interessiert die Hälse, um das gelungene Sanierungsergebnis zu betrachten. Vor allem wegen der Balkendecke mit ihren 118-jährigen Schablonenmalereien legten viele Festgäste den Kopf in den Nacken. In den 1930er Jahren hatte man sie mit grauer Leimfarbe überstrichen, die die Restauratoren jetzt wieder entfernten.

Ein umlaufendes Blütenband über dem sogenannten Schonsockel in Augenhöhe des Gestühls ist etwas gewöhnungsbedürftig. "Der erinnert mich an unsere Küche, wie sie in den 60er Jahren war", grinste ein Besucher. Kunstsachverständige Maria Meussling - sie zählte zu den Gästen - rückte diese Wahrnehmung zurecht. Diese Art der Wandverzierung habe ihren Ursprung in Kirchen, wurde etwa vor hundert Jahren in den Wohnbereich übernommen.

Gemeindekirchenratsvorsitzender Klaus Strobel lobte die fachgerechte Ausführung aller Gewerke und jene, die halfen, die "finanzielle Last zu stemmen". Dazu zählte auch der Kirchbauverein, der die neue Beleuchtungsanlage finanzierte. Strobel hat, wie schon in der benachbarten Marienkirche, einen wesentlichen Anteil am Zustandekommen der Sanierung. Wofür ihm am Ende des Gottesdienstes herzlich gedankt wurde.

Die Rekonstruktion der Rühlmann-Orgel hat sich die Kirchengemeinde als nächste "große Aufgabe" vorgenommen. Weil sie nicht gut bespielbar ist, wich Kirchenmusikdirektorin Beate Besser auf das Keyboard aus. Ihr Chor sorgte für die musikalische Umrahmung. Als Solo sang die junge Südafrikanerin Louisa Connolly stimmgewaltig ein Stück aus Händels "Messias".

Aber auch Details kamen während der Wiedereinweihung zu Ehren. Gemeindekirchenrat Burkart von Dietze erinnerte an Abendmahlsgeräte, die Georg Albert von Sachsen-Weißenfels 1731 stiftete. Seitdem werden der silberne Brotkorb und Kelch für das Abendmahl verwendet. Generationen von Barbyern nutzen sie seit 280 Jahren.

Einen gelungenen Beitrag steuerte Pfarrer i.R. Ernst Neugebauer bei. Er schrieb eine Geschichte, in der er die Kirche über sich selbst erzählen ließ. "Der Johanniskirche geht es so wie den Alten: Sie erzählen gerne, lang und viel. Und wenn sie alles erzählte, was sie gesehen hat, dann müsste man ihr tagelang zuhören", leitete Neugebauer ein. Mehrere Sprecher übernahmen dann diese Rolle, hoben einige besondere Momente im Dasein des gotischen Gotteshauses hervor: Die Gründung durch Franziskaner-Mönche, deren benachbartes Kloster bereits nach rund 200 Jahren abbrannte, die Nutzung als Schloss- und Begräbniskirche der Barbyer Grafen, das Wirken der bekannten Liederdichterin Gräfin Ämilie Juliane, den ersten evangelischen Pfarrer Werner Steinhausen (dessen Nachkommen zu den Besuchern zählten) und auch daran, dass die Barbyer "die jüngere Schwester Marienkirche mehr lieben".

Die Geschichte endete mit einem Fazit: "Ich habe das Gefühl, dass ich wieder einen gesunden und ordentlichen Eindruck mache und für mein Alter richtig schön geworden bin. Ich freue mich, wenn in meinen Mauern das Lob Gottes erklingt ..."

Das wird zukünftig in direkten wie übertragenen Sinne durch eine Lautsprecheranlage geschehen, die am Sonntag erstmals überzeugte.