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Schönebecker Bürgersinn feiert Geburtstag: Reden, Musik und Dia-Impressionen beim Festakt in der Johannis-Kirche Bad Salzelmen Oberstes Vereinsziel: Die Kirche im Ort lassen

Von Daniel Wrüske 23.05.2011, 06:37

Unbändiger Tatendrang, Euphorie, gegenseitige Motivation bei Rückschlägen und jede Menge Gottvertrauen - diese Eigenschaften kann man allen 130 Mitgliedern des Kirchbauvereins Schönebeck-Bad Salzelmen um Vorsitzenden Dr. Wolf-Michael Feldbach uneingeschränkt attestieren. Ihnen ist zu verdanken, dass die Salzelmener Pfännerkirche heute so gut wie in neuem Glanz erstrahlt. 20 Jahre nach Vereinsgründung ist man stolz auf Stadt-Silhouette-prägenden Erfolge und feierte mit einem Festakt am Wochenende das Jubiläum.

Bad Salzelmen. 1991 schlug die Stunde für die "Engel" von St. Johannis. Nach der politischen Wende war es möglich, sich zu organisieren und die Rettung des Salzelmener Wahrzeichens, eines der bedeutendsten mittelalterlichen Gebäude der Stadt, in nachhaltige Bahnen zu leiten. Denn alle bis dato angeschobenen Rettungsmaßnahmen veranlassten die Gemeindemitglieder über Arbeitseinsätze, die sich auf das Notwendigste konzentrierten. "Alles musste aufgrund damaliger wirtschaftlicher Verhältnisse Stückwerk bleiben und glich dem sprichwörtlichen Kampf gegen Windmühlen", sagt Wolf-Michael Feldbach. Als Gemeindemitglied war er immer im Einsatz für "seine Kirche", haderte aber oft auch mit den Nöten. Geld sei da gewesen, aber kein Baumaterial und keine Arbeitskräfte. Der DDR-Führung fehlte schlichtweg Interesse, das sakrale Gebäude zu schützen. Günter Schlegel, Pfarrer von 1979 bis 2005 an St. Johannis, erinnerte anhand von zahlreichen Dias an diese Zeit und machte offensichtlich, was Wolf-Michael Feldbach kurz in seiner Rede über den Zustand der Kirche sagte.

Gott sei Dank erlebte diese Republik schneller ihr Ende, als es vielleicht so manch einer ihrer Oberen sich für St Johannis gewünscht hätte. Die Initialzündung für die Rettungsaktion kam vom Kirchlichen Bauamt in Magdeburg: ein Kirchbauverein sollte gegründet werden. "Ein Verein?", stellte sich Wolf-Michael Feldbach damals die Frage. "Das gibt es doch nur im Sport", war sein erster Gedanke. Heute erinnert er sich schmunzelnd. Der Ideenfunke zündete, Euphorie war schnell der anfänglichen Skepsis gewichen. Man machte sich Gedanken über Sinn, Aufbau, Zweck und Voraussetzungen eines solchen Gremiums. Am 29. April 1991 erfolgte die Vereinsgründung mit rund 25 Leuten. "Der Verein hatte sich im Wesentlichen drei große Aufgaben gestellt: Erstens den Erhalt und die Wiederherstellung der Kirche. Zweitens die Bekanntmachung des Kirchengebäudes und seiner wertvollen Innenausstattung bei den Bürgern der Stadt und ihren Gästen. Und drittens die Organisation eines Vereinslebens", blickt der heutige Kirchbauvereinsvorsitzende zurück. Ab 1991 folgten der Initiative sichtbare Taten. Der Baukörper wurde in allen Teilen - von den Türmen bis zu den Schiffen - gesichert, die Ausstattung des Innenraums Schritt für Schritt saniert. Seien es Pfännerstuhl, Kanzel, gotisches Kruzifix oder der mehrfache Ein- und Auszug der über 6000 Pfeifen in oder aus dem Orgelgehäuse.

Immer waren die Vereinsleute, ihre Zahl wuchs stetig, sich gegenseitig Antrieb. Doch mussten sie auch Rückschläge hinnehmen, vor allem durch Bürokratie oder abgelehnte Anträge auf Fördermittel mit einhergehenden Finanzierungsschwierigkeiten. "Der Abschluss einer einzelnen Bauphase war dann immer wie ein kleines Wunder", sagt Wolf-Michael Feldbach.

"Man kann mit Freude und Stolz auf das Erreichte blicken. Die Arbeit hat sich gelohnt"

Um Erreichtes zu zeigen, die Kirche aber auch bekannt zu machen, organisierte der Kirchbauverein so bald wie möglich die "Offene Kirche". Bis heute bewahren Verein und Gemeinde diese Tradition, wie auch die Benefizmusiken oder Flohmärkte. Und wem das Renaissance- und Barockinterieur noch nicht reicht, der sollte sich im Rahmen der "Offenen Kirche" die Mühe machen, auf die Türme zu steigen, um sich mal ganz klein vorzukommen. Neben den Spendenaufrufen bewiesen die "Kirchbauler" immer viel Kreativität. Eine öffentlichkeitswirksame Aktion war beispielsweise die Patenschaft für einzelne Bänke des neuen Gestühls. Kleine Messingschilder erinnern an die Gönner. Auch wenn heute noch nicht alles fertig sei und noch viele Aufgaben vor dem Verein liegen würden, könne man doch mit Stolz und Freude auf das Erreichte blicken, so der Vereinsvorsitzende. "Die Arbeit hat sich gelohnt." Das sei möglich gewesen, ergänzt Wolf-Michael Feldbach, weil viele Menschen "mitgezogen" hätten: Vorstand und Mitglieder des Vereins, Kirchengemeinde, Kirchenkreis, Planungsbüros, Behörden, Fördermittelgeber, Kreditinstitute, Spender, aber auch die, die den Verein mit guten Gedanken und Gebeten über 20 Jahre begleitet hätten. "Sie alle haben einen Anteil daran, an dem, was man heute sehen kann."

Der Vereinsvorsitzende will nicht verschweigen, dass sich auch ein intensives Vereinsleben gebildet hat. Freundschaften sind entstanden. Geselligkeit und Gespräche stehen im Vordergrund. Es gibt jährliche Wintervergnügen und regelmäßige Fahrten - auch zu anderen Kirchen: "Um sich etwas abzugucken", sagt Wolf-Michael Feldbach, sein Lächeln reißt mit.

Pläne hat der Verein für St. Johannis längst noch. Wolf-Michael Feldbach sucht Fotos des alten Orgel-Prospekts. Er soll möglichst nachgebaut werden und den neogotischen Prospekt ersetzen, der jetzt ein wenig fremd wirkt. Im Turm hängen Stahlglocken. Der Verein will neue, besser klingende aus Bronze besorgen. Das ist aber Zukunftsmusik. Noch ...

Was ist es, was motiviert, was Tatendrang, Mut und Optimismus beflügelt? Die Antwort findet Wolf-Michael Feldbach schnell: "Schauen sie sich diese wunderbare Kirche an."

www.kirchbauverein- badsalzelmen.de