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Schon der Urgroßvater griff zum Vorderlader der Gilde "Schützendynastie" derer von Brabant

Von Thomas Linßner 27.08.2011, 06:34

Barbys 1050-Jahrfeier wird heute und morgen mit Festumzug, "Scharmützel", Rock-Open-Air und Höhenfeuerwerk seinen Abschluss finden. Am Ende wird auch der neue Schützenkönig feststehen. An den Start gehen auch die Brabant-Männer, die eine besondere Beziehung zur Gilde haben.

Barby. Die drei Herren der Bäcker-Dynastie Brabant werden sich wohl heute eine Stunde Schlaf verkneifen müssen, um rechtzeitig bei der Sache zu sein. Gerhard (65) und dessen Söhne Ronalt (43) und Volker (45) haben nämlich einen besonderen Bezug zur Herzog-Heinrich-Gilde: Sie sind die einzigen Mitglieder, die so konsequent über mehrere Generationen den Finger krumm machen.

Vorfahre Friedrich Brabant – er kam 1871 von Cobbelsdorf bei Zerbst nach Barby – errang 1891 die Königswürde. Auch dessen Sohn Otto war nicht nur Vereinsmitglied, sondern 1923 und 1930 der Beste.

Nachkomme Gerhard (Jahrgang 1916) blieb diese Ehre aufgrund "höherer Gewalt" versagt. Anstelle sportlich auf die Pappscheibe zu zielen, zwang man ihn, es auf Menschen tun. Im Zweiten Weltkrieg kam jegliche Vereinsarbeit zum Erliegen. Mit einem Schwur hatte der damalige Vorstand nach dem letzten Schützenfest 1938 vereinbart, dass erst "in normalen Zeiten" die Söhne oder Enkel der Schützen die Tradition in allen Rechten und Eigentumsformen wieder aufnehmen und fortsetzen sollen.

Dieser Schwur wurde am 11. Dezember 1991 eingelöst. Im Jahre 1995 fanden nach 56 Jahren wieder Schützenfest und Königsschießen in Barby statt.

Erst mit der Reorganisation der Schützengilde konnten sich die Brabants wieder auf den Schießsport besinnen. Gerhard Brabant (65, der wie sein Vater heißt) zählt zu den Gründungsinitiatoren. Zusammen mit Günter Zenker erwärmte er die "Enkelgeneration". Das war 1991, die Gilde wurde vier Jahre später "reorganisiert".

Im Hause Brabant überdauerten Fahnen, Königsalbum und Protokollbücher den Krieg und die DDR. Gerhards Vater hatte einen Balken so präpariert, dass man sie darin verstecken konnte. Besonders in den Nachkriegsjahren reagierten Besatzer und der Staat sehr ungehalten auf jegliches Militär- und Paramilitärzeug.

Volker – erfolgreichster Schütze der Familie

Was dem Vater bisher versagt blieb, gelang Sohn Volker durch Trainingsfleiß und gute Nerven. In Folge war er dreimal hintereinander Schützenkönig. Der 45-Jährige gehört außerdem der Sportschützenfraktion an, errang in diesem Jahr auf Landesebene große Erfolge. Jeder König steuert traditionsgemäß eine Medaille für die Schützenkette bei. Seit der Reorganisation tragen die "modernen Schützen" eine neue Kette. Die alte ist zu kostbar und lagert im Sparkassentresor. Sie wird von über 50 Medaillen und Kreuzen geschmückt.

Die älteste Medaille stiftete Herzog Heinrich 1717. Besonders wertvoll ist, dass viele Königsschützen politische und bewegende Ereignisse ihrer Zeit auf der Rückseite in Reimform eingravieren ließen. Der Pömmelter Ortschronist Heinz Warnecke fotografierte die Stücke ab, schrieb die Texte auf.

Durch A. Fritze erfahren wir: "Nie war so’n hoher Wasserstand, als man mich Schützenkönig nannt". Es war das Katastrophenhochwasser 1845, als die Deiche brachen. Im Revolutionsjahr 1848 ließ J. Heinrich Ruthe eingravieren: "Gott schütze unser deutsches Land, vor Aufruhr in den Bürgerstand …"

Carl Wirth gibt sich 1866 patriotisch-sarkastisch: "Als Preussen Oestreich schlug nicht wenig, ward ich in Barby Schützenkönig". L. Kirchhoff 1890 ziemlich holperig aber stolz: "Im Jahr, als wir den Kaiser in Barby froh empfingen, that mir zu Ehr u. Freude der Königsschuss gelingen". Wilhelm II. war zur Hasenjagd gekommen.

Friedrich Schmelzer beeindruckte 1902 eine technische Neuerung: "Erhellt ward unsere Stadt durch Gasglühlicht, zum ersten Mal in diesem Jahr, wo ich Schützenkönig war". Richard Schönemann lag 1912 etwas anderes auf der Seele: "Dieses Jahr war nicht geheuer, wegen Kriegs-, Wehr- und Vermögenssteuer".

Nach dem Ersten Weltkrieg reimte Ernst Radespiel 1924 ebenfalls Zeitgeschehen: "Als ich die Königswürd’ erring, das Seminar gerad unterging. Die Aufbauschule neu erstand, die Gilde 200 Jahr bestand."

Einer der letzten Medaillenträger war Heinrich Ulrich: Die Form seines silbernen Beitrags ist dazu geeignet, dass die gesamte Kette heute nur mit Vorsicht gezeigt wird. Auf einem riesigen Hakenkreuz steht: "Der erste König im Dritten Reich 1933".