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Atzendorfer Kirche wird endlich saniert / Öfen und Feuchtigkeit hatten dem Mauerwerk zugesetzt Neuer Anstrich nach 125 Jahren

Von Franziska Richter 14.08.2014, 03:16

Die Renovierungsarbeiten in der Atzendorfer Kirche sind im Gange. In zwölf Metern Höhe verputzen jetzt Maurer das Gewölbe neu. Bald kommen die Maler und Ende November zum 125. Jubiläum soll alles fertig sein.

Atzendorf l Gemeinderatsvorsitzender der Atzendorfer evangelischen Kirche Hartmut Rulf kann eine frohe Botschaft verkünden: Seit dem 23. Juli sind die Renovierungsarbeiten in der Kirche im vollen Gange. "Bereits seit neun Jahren versuchen wir als Kirchgemeinde, Mittel für die Sanierung zu erhalten. Der Architekt, Dr. Berthold Heinecke aus Haldensleben, und ich haben im vergangenen Jahr mal wieder Fördermittel beantragt", erklärt er. "Und nun hat es tatsächlich geklappt: Die Dame vom Alff (Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten) rief an, es seien noch Restmittel aus dem Vorjahr da, die wir haben könnten."

So kam der Fördermittelbescheid aus dem Leader-Programm des Alff über 98000 Euro ins Haus geflattert. Dazu kommen 50000 Euro Kirchenkreismittel - Atzendorf gehört zum Kirchenkreis Wanzleben - als Eigenmittel. Der Architekt hat dann ein Konzept für die Kirchensanierung entworfen, die einzelnen Aufträge ausgeschrieben und überwacht jetzt die Bauarbeiten. Die Sanierung betrifft nur das Kircheninnere, ohne Winterkirche, also einen Raum von 20 Meter Breite, 45 Meter Länge und 12,5 Meter Höhe.

Die Atzendorfer Kirche wurde vor 125 Jahren erbaut. Am ersten Advent diesen Jahres soll das Jubiläum groß gefeiert werden. Genau bis Ende November werden die Arbeiten andauern. "Seit ihrer Existenz wurde die Kirche nie saniert", sagt Hartmut Rulf.

Im Inneren der Kirche arbeiten jetzt drei Maurer von den Werkstätten für Denkmalpflege Quedlinburg, die auf historische Gemäuer spezialisiert sind. "Ganz schön schlimm sieht es auf dieser Seite aus", sagt Maurer Karsten Roeßler und deutet auf die Wand an der Südseite des Kirchenschiffs. "Andererseits ist es erstaunlich, dass es so wenig Schäden gibt, wenn man bedenkt, wie lange es hier feucht war."

Die Feuchtigkeit war eines der Hauptprobleme in der Kirche. "Seit den 30er Jahren kam die Nässe schon hinein", erläutert Hartmut Rulf. Da die Dachrinnen der Kirche lange defekt waren, lief das Regenwasser die Wände herunter. Über Jahrzehnte ging das an die Substanz.

"Dazu kam, dass die Öfen zu DDR-Zeiten mit dem falschen Material beheizt wurden und dann defekt waren", meint Hartmut Rulf. Mit zwei von ursprünglich vier alten Kohleöfen wird die Kirche bis heute erwärmt. Das Heizsystem funktioniert über Kanäle, die unter dem Boden entlang von den Öfen bis zu den Kirchenbänken führen.

Weil die Öfen kaputt waren, war jahrelang Ruß in die Kirche gedrungen. Die Wände verdunkelten sich immer weiter. Die feuchte Luft, die die Kirchengänger mit ihrem Atem erzeugten, setzte den Wänden außerdem noch zu. Vor zwölf Jahren konnten die zwei Öfen am Altarraum repariert werden und funktionieren seitdem einwandfrei.

Die drei Maurer haben mittlerweile die Wände abgewaschen sowie den Putz im Gewölbe, der locker und nicht mehr zu gebrauchen war, abgeschlagen und durch neuen ersetzt. "Zirka 40 Prozent des Putzes war locker", erklärt Maurer Karsten Roeßler.

Gleichzeitig nahm sich Restaurator Heinz-Peter Schmidt aus Groß Rodensleben die Verzierungen vor, die ebenfalls gelitten hatten und nur noch in Teilen zu erkennen waren. Die Blumenmotive an den Bögen zum Altarraum bekamen einen neuen blauen Hintergrund. An den sogenannten Fensterleibungen, also an den Einfassungen der Fenster, hat der Restaurator die Verzierungen mit frischer Farbe nachgezogen. Die Rankenmalereien mit den Medaillons, die sich am Gurtbogen, also dem Übergang zwischen Kirchenschiff und Altarraum, befinden und die die Evangelisten mit ihren Tiersymbolen darstellen, werden ebenfalls aufgefrischt.

Auch eine Besonderheit der Atzendorfer Kirche soll wieder zur Geltung kommen: "Unter jedem Kirchenfenster befand sich ein Spruch. Ich habe diese Sprüche vor 35 Jahren alle mal abgeschrieben, zum Glück. Jetzt sind sie gar nicht mehr lesbar", sagt Hartmut Rulf. Der Restaurator wird diese Sprüche aus dem alten und neuen Testament wieder auftragen. "Seid nicht Hörer, sondern auch Täter des Wortes" wird dann zum Beispiel zu lesen sein.

Nächste Woche ziehen die Maurer ab, es folgen die Maler. Die Decke soll mit frischer Farbe wieder aufgehellt werden, die Wände bekommen einen frischen Anstrich. Hier soll das alte Aussehen wieder zur Geltung kommen: Durch eine "Bossierung" werden gelbliche Steinquader durch bräunliche Linien optisch voneinander abgetrennt.

Die Kirchenbänke stehen derzeit im Atzendorfer Kulturhaus. Einige sind in der Winterkirche geblieben, wo Hartmut Rulf und Pfarrer Ulrich Lörzer jetzt den Gottesdienst abhalten und wo immerhin Platz für 77 Kirchenfreunde ist.