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Fallstricke lauern in der Kostenberechnung für Eltern Stöhr: Gesetz unsauber formuliert

Von Thomas Höfs 06.12.2014, 02:12

Die Diskussion über die Elternbeiträge der Kinderbetreuung in der Egelner Mulde hat noch einige Fallstricke. Als Problem könnte sich ausgerechnet der Solidarbeitrag für alle Einrichtungen erweisen. Denn er führt zu Ungerechtigkeiten.

Egelner Mulde l "Bei uns sind alle Kinder gleich", hatte Hauptamtsleiterin Dagmar Witzke gleich mehrfach bei der jüngsten Hauptausschusssitzung gesagt. Der Satz bedeutet, dass die Betreuungskosten pro Kind und Einrichtung bei der Berechnung der Elternbeiträge nur eine untergeordnete Rolle spielen. Der Verbandsgemeinderat hatte sich vor Jahren darauf verständigt, einheitliche Elternbeiträge von den Eltern zu verlangen. Ein einheitlicher Beitragssatz werde auch empfohlen, sagt die Amtsleiterin.

Nur wirft die Praxis in der aktuellen Debatte über höhere Elternbeiträge mehr Fragen auf als es Antworten gibt. Denn die tatsächlichen Platzkosten in den neun Kindertagesstätten variieren sehr stark. Nach den Worten von Verbandsgemeindebürgermeister Michael Stöhr koste der günstigste Platz 215 Euro. Die teuerste Einrichtung verlangt für die gleiche Leistung dagegen 556 Euro im Monat Zuzahlung von der Gemeinde.

Zwar könne die Kommune einen einheitlichen Beitragssatz für die Eltern errechnen. Nur darf der Betrag 50 Prozent der bei der Kommune anfallenden Kosten nicht übersteigen, verlangt das Kinderförderungsgesetz. Nimmt man die preiswertesten Platzkosten an, dürfte der Höchstbetrag für die Eltern 107,50 Euro in keinem Fall überschritten werden. Würde der Verbandsgemeinderat einen höheren Satz für die Eltern beschließen, würde ein Teil der Eltern deutlich mehr als die 50 Prozent Platzkosten bezahlen. Dies ist nach dem Kinderförderungsgesetz aber nicht erlaubt.

Würde der Verbandsgemeinderat beispielsweise dem Vorschlag der Verwaltung folgen und 50 Prozent der Kosten den Eltern auferlegen, müsste eine Familie für eine zehnstündige Betreuung 200 Euro im Monat bezahlen. Das wären dann für die preiswerteste Einrichtung fast 100 Prozent der Kosten. In der teuersten Einrichtung würde allerdings nicht einmal die Hälfte der Kosten gedeckt.

In der Verwaltung sei das Problem erkannt worden, sagt Verbandsgemeindebürgermeister Michael Stöhr auf Volksstimme-Nachfrage. Der Bürgermeister beruft sich auf den Beschluss, alle Kinder gleich zu behandeln. Doch Konflikte mit dem Kinderförderungsgesetz sieht er ebenso. Das Landesgesetz sei in vielen Dingen unsauber formuliert, erklärt er. Es sei nicht klar, ob sich die Vorgabe, die Eltern mit maximal 50 Prozent zu beteiligen, auf eine Mischkalkulation beziehen dürfe oder streng auf einen einzelnen Platz bezogen werden müsse.

Müssten die Kosten pro Platz bezogen werden, könnte die Verbandsgemeinde, wollte sie die Bürger gleich behandeln, die Preise kaum anheben. Aktuell bewegen sich die Deckungskosten der Elternbeiträge bei rund 25 Prozent der Gesamtkosten der Kommune. Da es sich hier allerdings um die Durchschnittskosten handelt, dürften die tatsächlichen Elternbeiträge bei den preiswertesten Einrichtungen bereits jetzt schon an der 50-Prozent-Marke schrammen.

Erhöht der Verbandsgemeinderat nun noch einmal die Elternbeiträge zum nächsten Jahr, könnten die Elternbeiträge in den günstigsten Einrichtungen die Eltern deutlich benachteiligen. Erkannt habe dies auch die Verwaltung, sagt der Verbandsgemeindebürgermeister. Offen sei, wie die Lage rechtlich zu bewerten sei. Vielleicht müsse die Frage am Ende ein Richter beantworten, meint Stöhr.

"Wir haben nun einmal unterschiedliche Einrichtungen, die zu unterschiedlichen Kosten die Kinderbetreuung absichern", sagt er. Er wolle die unterschiedliche Situation in den Gemeinden nicht einzeln bewerten, das sei der Konsens in der Verbandsgemeinde.

Mit einer Erhöhung läuft die Verbandsgemeinde aber auch Gefahr, dass es Klagen gegen die Satzung geben könnte. Bei der jüngsten Hauptausschussssitzung hatte sich ein Vater bereits schon mal vorsorglich erkundigt, an welches Gericht er sich wenden müsse.

Am kommenden Mittwoch wird sich der Verbandsgemeinderat mit dem Thema ausführlich beschäftigen. Ab 19 Uhr tagt das Gremium im Rathaus von Egeln. Zuletzt hatten sich die Fraktionen im Verbandsgemeinderat mehr Zeit für die Diskussion erbeten. Im Hauptausschuss wollten die Lokalpolitiker kein Votum für eine der vier vorgelegten Varianten abgeben. Mit großem Interesse verfolgen unterdes die Familien die Diskussion im Verbandsgemeinderat.