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Die Vorsitzende der Wählergemeinschaft Hecklingen blickt auf ein turbulentes Jahr zurück "Größter Erfolg war der Flughafen-Verkauf"

02.02.2011, 04:34

Ein turbulentes Jahr liegt hinter der "Opposition" im Hecklinger Stadtrat. Mit fünf Sitzen vertreten, gab sie kontra zur Mehrheit aus FDP und CDU, harte Worte fallen jetzt noch immer. Die Vorsitzende der Fraktion der Wahlergemeinschaft (WGH), Ethel-Maria Muschalle-Höllbach, spricht im Volksstimme-Interview mit Volontärin Franziska Richter von den Höhen und Tiefen der Stadtpolitik, von Vorhaben für 2011 und wie kontrovers es mitunter zwischen ihr und Bürgermeister Hans-Rüdiger Kosche zugeht.

Volksstimme: Wie war das Jahr 2010 für die Hecklinger Stadtpolitik?

Ethel-Maria Muschalle-Höllbach: Es gab natürlich Sonnen- und Schattenseiten. Der größte Erfolg war, dass der Flughafen Cochstedt an einen Investor ver-kauft werden konnte. Damit verfügt die Stadt Hecklingen über den einzigen Verkehrsflughafen in Sachsen-Anhalt mit Linienverkehr. Dies ist eine große Bereicherung, die Hecklingen je für die Region verbuchen konnte. Wenn dieser seinen Betrieb aufgenommen hat, erwarte ich, dass das 75 Hektar große Gewerbegebiet an Attraktivität zunimmt, neue wirtschaftliche Betriebe und Arbeitsplätze entstehen und die Stadt von dieser Entwicklung mit Steuereinnahmen profitiert.

Einen Erfolg sehe ich auch in der Bewilligung der Fördermittel zur dringend erforderlichen Sanierung der Turnhalle im OT Hecklingen, wofür sich die WGH im Stadtrat trotz erheblicher Widerstände stets stark einsetzte. Positiv wäre auch die Anschaffung eines neuen Löschfahrzeuges zu nennen. Und ich bin stolz darauf, dass das ehemalige Gebäude der Hecklinger Sekundarschule durch die Lebenshilfe Bördeland (g) GmbH zu einem neuen, dem Kinderwohl gerecht werdenden Kindergarten umgebaut werden konnte.

Volksstimme: Was sagen Sie zur Schließung der Schneidlinger Grundschule, die das Schulzentrum Börnecke aufwerten soll?

Muschalle-Höllbach: Es ist für mich die schlimmste Schattenseite in der Tätigkeit des Stadtrates im Jahr 2010 und in meiner gesamten ehrenamtlichen Tätigkeit überhaupt.

Bis heute kann ich mich mit dieser gegen den Willen der WGH ergangenen Entscheidung des Stadtrates nicht einverstanden erklären und diese auch nicht akzeptieren. Hatten doch auch die Kandidaten der CDU und FDP in ihren Wahlprogrammen zur Kommunalwahl vor zwei Jahren versprochen, keine Schulen in der Stadt mehr zu schließen. Überall dort, wo Schulen vorhanden sind, setzten sich Eltern, Bürger und Gemeinderäte für deren Erhalt vehement und erfolgreich ein. Sie brennen für ihre Schulen und damit für ihr wertvollstes Gut, ihre Kinder. Die Schulschließung in Schneidlingen war trotz des Haushaltsdefizits der Stadt nicht notwendig. Die Eltern und die Wählergemeinschaft haben hart gegen die Schließung gekämpft, leider erfolglos. Die Grundschule Groß Börnecke hätte auch ohne die Schüler aus Schneidlingen weiter Bestand gehabt.

Volksstimme: Was wünschen Sie sich für dieses Jahr?

Muschalle-Höllbach: Dass es endlich mit der Stadt Hecklingen spürbar für unsere Bürger vorangeht, auch mit knappem Haushalt, dass das Land die Zuführungen an die Kommunen neu ordnet und zwar so, dass diese sich selbstbestimmt organisieren können, dass unsere Bürger in der Stadtpolitik von Bürgermeister und Rat mitgenommen und nicht ausgegrenzt werden.

Volksstimme: Was muss 2011 in Hecklingen angepackt werden?

Muschalle-Höllbach: Die Wirtschaftsförderung muss eine zentrale Stellung in der Tätigkeit von Stadtrat und Verwaltung einnehmen. Liegen doch noch etliche Grundstücke in unseren Gewerbegebieten brach. Unternehmen müssen für eine Ansiedlung in der Stadt gewonnen werden. Sie müssen jedmögliche Unterstützung seitens der Stadt erhalten, insbesondere zum Erhalt von Baugenehmigungen und Fördermitteln. Weiterhin ist eine zentrale Aufgabe, die vom Auslaufen bedrohte Bürgerarbeit (bisher nur in Hecklingen) fortzuführen und auf alle Ortsteile der Stadt auszudehnen.

Volksstimme: Bürgermeister Hans-Rüdiger Kosche (CDU) hat öffentlich eine bessere Zusammenarbeit im Stadtrat angemahnt. Fühlen Sie sich angesprochen?

Muschalle-Höllbach: Nein, gar nicht. Hat er sich doch bei mir in einem Weihnachtsgruß für die angenehme Zusammenarbeit bedankt!

Angenehm ist die Arbeit im Stadtrat häufig nicht. Wer im Stadtrat nicht den Fraktionen der regierenden Mehrtheiten (CDU und FDP) angehört, dessen Ideen und Kritik werden abgewiegelt, egal ob es um das Gute für die Stadt geht oder nicht.

Volksstimme: Das gehört dann auch zu den Schattenseiten des Jahres 2010, worum ging es da konkret?

Muschalle-Höllbach: Zu den negativen Ergebnissen des Jahres 2010 gehörte neben der Schulschließung, dass es nicht gelungen ist, den Abwasserzweckerverband "Bodeniederung" durch die Verbandsversammlung zu verpflichten, die zu unrecht und damit zu viel kassierten Schmutzwassergebühren an alle Kunden zurückzuzahlen. Somit auch an die Kunden, die keine Rechtsmittel einlegten.

Eben diese Rückzahlung hatte der Stadtrat beschlossen und seinen Vertreter in der Verbandsversammlung beauftragt gleichlautend zu beschließen. Diesen Auftrag setzte unser Vertreter nicht um, da der Bürgermeister sich mehrmals gegen einen solchen Beschluss des Stadtrates stellte. Hier hat er die Bürger im Stich gelassen. Er wurde seiner Funktion als "Meister" der Bürger nicht gerecht. Für mich ist dies ein Verrat am Bürger.

"Angenehm ist die Arbeit im Stadtrat häufig nicht"

Solche Enttäuschungen führen dazu, dass sich die Bürger überflüssig und nicht gebraucht fühlen und den gewählten Vertretern kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Sie fühlen sich lediglich zur Wahl gebraucht, um mit ihrer Stimme Ämter und Positionen für Wahlkandidaten zu sichern. Kein Zweifel, dass das eine wesentliche Ursache für die immer geringer werdende Wahlbeteiligung ist.

Volksstimme: Was tun Sie als nächstes?

Muschalle-Höllbach: Es steht die Landtagswahl an. Ich bin Kandidatin für die Freien Wähler und hoffe, dass uns der Einzug in den Landtag gelingt. Mein oberstes Anliegen ist es, die Stimmen der Bürger mit ihrem Wissen, Vorschlägen, aber auch ihre Sorgen in diesen Landtag mitzunehmen.