1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Staßfurt
  6. >
  7. Stadtväter fordern mehr Infos vor Wohnbebauung am See

Ausschüsse haben zum Prestigeobjekt noch Beratungsbedarf Stadtväter fordern mehr Infos vor Wohnbebauung am See

Von René Kiel 13.05.2011, 06:27

Wird das Gelände am Stadtsee, auf dem einst ein Kompetenzzentrum für den Kalibergbau entstehen, aber auch das Stadtarchiv und die Bibliothek untergebracht werden sollten, mit Stadtvillen sowie Garten- hof- und Reihenhäusern bebaut? Darüber diskutierten die Stadtratsausschüsse, waren sich aber nicht einig.

Staßfurt. Der Finanzausschuss entschied sich dafür, die Vorlage noch einmal in die Ausschüsse beziehungsweise die Verwaltung zu verweisen und dort intensiv zu beraten.

Zuvor warb Fachbereichsleiter Wolfgang Kaufmann bei den Mitgliedern darum, mit ihrer Zustimmung die städtebaulichen Erfahrungen in dieses Vorhaben einfließen zu lassen und das Ganze als Abschluss der Internationalen Bauausstellung (IBA) umzusetzen. "Das Wort Stadtvillen heißt nicht Wohnort nur für die Reichen und Schönen", stellte Kaufmann klar.

Das ursprünglich an diesem Standort vorgesehene Projekt sei daran gescheitert, dass die Stadt aufgrund des fehlenden Eigenanteils nicht in der Lage gewesen sei, die Fördermittel vom Land abzurufen.

Die Kehrtwende der Rathausspitze stieß bei einigen Abgeordneten, wie zum Beispiel Niko Zenker (SPD) und beim Vorsitzenden der Fraktion Unabhängige Bürgervertretung (UBvS), Corinthus Schobes, auf Unverständnis. Denn noch vor wenigen Wochen hatte die Verwaltung die Abgeordneten gebeten, dem Antrag der UBvS, auf dieses Prestigeprojekt aufgrund der Haushaltslage zu verzichten, nicht zuzustimmen.

Wenn man dem Land damals ein solches Signal gegeben hätte, wäre das für die Stadt, was die Bereitstellung von Fördermitteln anbelangt, nicht förderlich gewesen, informierte Kaufmann.

Schobes forderte Oberbürgermeister René Zok (parteilos) auf, dazu eine Erklärung abzugeben.

"Dass an dieser Ecke etwas getan werden muss, ist unstrittig", sagte der Chef der Fraktion Unabhängige Wählergemeinschaften, Hartmut Wiest. Er schlug vor, beim Land sowohl für den Standort am See als auch für einen Anbau an die ehemalige Kaliverwaltung die entsprechenden Zuschüsse zu beantragen.

In diesem Ergänzungsbau mit einer Bruttogeschossfläche von zirka 2000 Quadratmetern, der laut Wiests Berechnungen insgesamt 2,5 Millionen Euro kosten würde, könnten ein "Wissenszentrum Salzbergbau und Stadtgeschichte" mit dem Stadt- und Bergbauarchiv, der Stadt- und Bergbaubibliothek, Verwaltungseinheiten und einem ansprechenden Bürgerservice entstehen. Eine Aussichtsplattform würde einen Überblick über das gesamte Altbergbaugebiet und das Seeumfeld ermöglichen.

Zudem sei in der Steinstraße mit einer wesentlich geringeren Senkungsrate als am Großen Markt zu rechnen, wo sie 5 bis 6,4 Millimeter pro Jahr beträgt.

"Ich komme mir vor wie in einer ,Wünsch-Dir-was-Sendung\'"

Im Kulturausschuss bezeichnete Gerhard Wiest (Linke) die Beschlussvorlage der Verwaltung als zu nebulös. "Die Stadt beantragt die Fördermittel. Die Saleg verwaltet sie als Treuhänder und tritt als Bauherr auf. Bei Fertigstellung wird das Vorhaben der Wohnungs- und Baugesellschaft zur Verwaltung übergeben", informierte der Fachbereichsleiter Hans-Georg Köpper.

Seinen Worten zufolge sei ge-plant, auf diesem Gelände auch eine Mehrzweckfläche mit oder ohne Gastronomie zu integrieren.

Mit dem Wegfall des ursprünglichen Projektes sei man nicht mehr in der Lage, das Stadtarchiv und die Bibliothek zusammen zu führen und besonders personelle Synergieeffekte zu nutzen, monierte Gerhard Wiest.

Deshalb, so Köpper, lebe die damalige Beschlusslage, das Archiv im ehemaligen Feuerwehrdepot im Athenslebener Weg unterzubringen, wieder auf. Für die Planungsleistungen seien im neuen Haushalt bereits 30 000 Euro eingestellt worden, sagte Köpper. Inzwischen wurde diese Position aber mit einem Sperrvermerk versehen.

"Ich komme mir vor wie in einer ,Wünsch-Dir-was-Sendung\'", kommentierte Günter Döbbel (Fraktion FDP/offene Liste) die Diskussion. Staßfurt gehöre anders als Magdeburg zu den Auswanderungsregionen. Selbst in der Landeshauptstadt seien ähnliche Bauprojekte an der Finanzierung und am Bedarf gescheitert. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das Klientel haben, um das auszulasten", sagte Döbbel, der vor einem "Schnellschuss" warnte.

Die Auslastung der Wohnungen sieht auch die Fraktion SPD/Grüne skeptisch. "Das sehe ich als großes Wagnis an", sagte Fraktionschef Michael Hauschild.

"Müssen wir da überhaupt bauen", wollte Sabine Kost (CDU) wissen. Sie plädierte dafür, erst einmal das ehemalige Katasteramt abzureißen und das Gelände in eine grüne Oase zu verwandeln. Zudem schlug Sabine Kost vor, das repräsentative Postgebäude zu erwerben und dort das Archiv einzurichten.