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Gregor Kneissl (16) und Maximilian Seidel (16) setzten sich mit dem Bevölkerungsschwund in Sachsen-Anhalt auseinander Mit "Goodbye-Saxony-Anhalt"-Konzept im "Jugend-forscht"-Bundesfinale

Von Karolin Aertel 26.04.2011, 06:39

Unter den Staßfurter Jugendlichen schlummern viele verborgene Talente. Eine Möglichkeit, diese ans Tageslicht zu befördern, ist der Bundeswettbewerb "Jugend forscht". Sechs Schüler des Staßfurter Dr.-Frank-Gymnasiums haben daran teilgenommen. In einer losen Folge stellt die Volksstimme die Erfindungen und Projekte der Schüler vor. Heute: Maximilian Seidel und Gregor Kneissl mit ihrem Konzept des Sachsen-Anhalt-Syndroms, mit dem sie sogar am Bundesfinale teilnehmen.

Staßfurt. Sachsen-Anhalt ist ernsthaft erkrankt. Das Syndrom: "Goodbye Saxony-Anhalt". Die Diagnose: Akuter Bevölkerungsschwund. Heilungsmethoden: Strikte Umstrukturierung.

Zu diesem Befund gelangten die Dr.-Frank-Gymnasiasten Gregor Kneissl und Maximilian Seidel im Zuge ihres "Jugend-forscht"-Projektes. Im Fachgebiet Geo- und Raumplanung setzten sich die beiden 16-Jährigen intensiv mit den Strukturen ihres Heimat-Landes auseinander.

Warum steckt Sachsen-Anhalt in einer Bevölkerungskrise?, hinterfragten sie. Wieso verlor Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr in nur acht Monaten rund 15 800 Menschen ,also 0,7 Prozent seiner Einwohner? Wieso wird einem Land wie Bayern ein Bevölkerungszuwachs von 0,3 Prozent (2009 bis 2029) prognostiziert, während in Sachsen-Anhalt die Zahlen einen Negativ-Rekord erreichen?

Fragen, die Gregor und Maximilian in einem 15-seitigen Konzept analysierten und die sie gleichwohl zu beantworten versuchten. Sie entwickelten ein Konzept, mit dem sie Lösungshinweise zur Bevölkerungsproblematik geben und mit dem sie kurzerhand in das "Jugend-forscht"-Bundesfinale einzogen.

"Die Idee hierzu ist uns rein zufällig gekommen", erzählen die Schüler. "Wir finden es sehr Schade, dass Sachsen-Anhalt so verkannt wird und haben uns gefragt, wie man die Menschen dazu bewegen kann hier zu bleiben oder gar her zu ziehen."

"Es gibt zu viele strukturschwache Räume in Sachsen-Anhalt."

Ausgehend von der stetigen Abwanderung ohne äquivalente Zuwanderung in Kombination mit der geringen Geburtenrate haben die Gymnasiasten den Bevölkerungsschwund als geografisches Syndrom begriffen. Sachsen-Anhalt ist krank. Der Grund: "Fortschrittsprozesse werden in diesem Land nicht nachhaltig fortgeführt", erklärt Gregor. Es fehle vor allem an Arbeitslätzen und attraktiven Angeboten. Zudem gebe es zu viele strukturschwache Räume in Sachsen-Anhalt.

Die Gymnasiasten kommen zu dem Schluss, "es muss umstrukturiert werden". Im Fokus müsse vor allem die nachhaltige Entwicklung stehen. Wie wichtig das ist, das sei am Beispiel Bayerns zu sehen. "Im Vergleich zu Sachsen-Anhalt hat Bayern eine stärkere Industrie und auch eine größere Industrievielfalt", erklärt Maximilian. Es gebe weniger strukturschwache Regionen und mehr Zentren mit internationaler Ausstrahlung, was wiederum zu Attraktivität führt. "Und auch im Dienstleistungssektor und infrastrukturell ist Bayern Sachsen-Anhalt weit voraus."

Daraus ergebe sich eine Umstrukturierung auf dem sogenannten Sekundärsektor, also dem industriellen. Und auch auf dem Tertiärsektor, dem Dienstleistungssektor (Handel, Tourismus, Logistik, Verkehr) müssen tiefgreifende Veränderungen her. Chancen sehen die Gymnasiasten vor allem in grenzenüberschreitenden Wirtschaftsverbänden. Das Chemiedreieck Halle-Leipzig-Leuna sei ein funktionierendes Beispiel hierfür.

"Ein Bewusstsein bei den Menschen schaffen, stolz auf ihr Land zu sein."

Großes Potential für Sachsen-Anhalt sehen Maximilian und Gregor auch in der Gewinnung regenerativer Energien. "Sachsen-Anhalt könnte hier eine Vormachts- und Vorbildstellung einnehmen", sind sich die beiden sicher. "Pumpspeicher, Wasserkraftwerke, Windkraftanlagen – Sachsen-Anhalt könnte sich doch als erstes Bundesland komplett allein mit ¿grünem‘ Strom versorgen", finden sie.

Neben der Industrie müssen sich Landeregierung und Kommunen vor allem intensiver um Touristen bemühen. Schließlich bringen sie das Geld und damit Arbeitsplätze ins Land. "Und Gerade die Altmark muss an Attraktivität gewinnen", so Maximilian. Rad- und Wanderwege wären ein Anfang, eine Hauptverkehrsader gen Mecklenburg-Vorpommern – sprich die Nordverlängerung der A14 – ist ein Muss.

Auch machen die beiden deutlich, dass den Menschen und vor allen auch den Schülern ein Bewusstsein geschaffen werden muss, stolz auf ihr Land und ihre Herkunft zu sein. Und sich letztlich auch mit seiner Stadt und seinem Land zu identifizieren. "Nämlich nur dann bleiben die Menschen hier", weiß Gregor. "Sie müssen hier sein wollen." Und dazu gehört ein an Westdeutschland angeglichenes Gehalt ebenso wie funktionierende Infrastruktur und Wirtschaft sowie familienfreundliche Arbeitsplätze.