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Unfallwild zählt seit Herbst nicht mehr zum Abschussplan der Jäger Versicherungen fordern mehr Abschüsse

Von Thomas Linßner 22.03.2010, 05:52

Bisher wurde sogenanntes Fallwild, also Tiere, die auf der Straße bei Verkehrsunfällen getötet wurden, dem jährlichen Abschussplan der Jäger angerechnet. Im vergangenen Herbst gab die Obere Jagdbehörde eine Änderung bekannt : Bei Rehwild zählt nur noch jene Stückzahl, die der Waidgenosse wirklich erlegt. Das sei nicht zuletzt auf Druck der Versicherungen geschehen. Darüber informierte die Jagdgenossenschaft Calbe auf ihrer Jahresversammlung.

Calbe / Barby. " Vor mir sprang ein Reh auf die Fahrbahn. Ich habe versucht auszuweichen, doch dann gab es einen fürchterlichen Knall und ich landete im Straßengraben. " So beschreibt eine 23-jährige Autofahrerin ihren Wildunfall, der ihr neben dem Totalschaden auch einige Tage Krankschreibung einbrachte. Zwischen Gnadau und Barby war der Frau Anfang März frühmorgens ein Reh ins Auto gelaufen.

Dr. Hartwig Dostal, Vorsitzender des Barbyer Hegerings, bestätigt : Die Zahl des Rehwilds ist größer geworden. Gerade in den vergangenen Wochen machten das Unfallmeldungen in den Tageszeitungen immer wieder deutlich.

" Bisher durften wir nicht zu viel erlegen, weil man ja immer damit rechnen musste, dass noch ein paar Stück Unfallwild dazu kamen ", erklärt Dr. Dostal die behördliche Vorgabe des so genannten Abschussplans. Wie er sagt, bestand in manchen Jahren die halbe Strecke eines Jägers aus überfahrenen Rehen.

Das bestätigt die Statistik der Calbenser Jagdpächter, die am vergangenen Freitag vorgelegt wurde. In allen vier Jagdgebieten zwischen dem Hohendorfer Busch, Wartenberg und Grünem Teich wurden im Jagdjahr 2009 genau 40 Rehe geschossen, 20 bei Verkehrsunfällen getötet. Die Strecken der anderen Tiere nehmen sich dagegen spärlich aus : 20 Enten, 14 Fasane, 11 Krähen, keine Hasen.

" Die Jägerschaft gerät unter Druck, den Abschussplan zu erfüllen, um die Unfallzahlen auf den Straßen zu verringern ", unterstreicht Axel Karlstedt, Vorsitzender der Jagdpächter. Damit müsse der Finger noch öfter krumm gemacht werden, um die neue Vorgabe zu erfüllen.

Diese Aussage wurde mit Zahlen untermauert. Jäger Torsten Franke : " In unserem Gebiet Calbe I waren ursprünglich 17 Rehe einschließlich Unfallwild geplant. Das wurde dann auf 17 Stück ohne Fallwild geändert. " Nach Einsprüchen der Jäger korrigierte die Jagdbehörde diese Zahl auf 12 nach unten.

" Eigentlich wollen wir überhaupt nicht mehr Rehwild schießen "

" Eigentlich wollen wir überhaupt nicht mehr Rehwild schießen, weil wir der Nachwelt genügend hinterlassen wollen ", gesteht Axel Karlstedt. Doch die Versicherungen würden Druck machen, der Verkehrsunfälle wegen.

Dr. Hartwig Dostal führt ein Konglomerat von Faktoren an, die die Forderungen der Oberen Jagdbehörde ins Licht rücken : " Nicht nur die Zahl der Rehe sei angestiegen. Auch die Verkehrsdichte und die Durchschnittsfahrgeschwindigkeiten auf den Straßen wurden größer. " Der Barbyer Waidmann beklagt aber auch, dass die Warnschilder " Wildwechsel " von den Verkehrsteilnehmern zu wenig beachtet werden.

Dostal informiert darüber, dass je nach Naturumfeld eine Rehwild-Zahl zwischen fünf und neun Stück pro hundert Hektar angestrebt werde.

Die Jäger drückt aber noch ein anderes Problem : " Die Waschbärenpopulation ist enorm gestiegen und fast nicht mehr beherrschbar ", urteilt Axel Karlstedt. In Calbe wurden im vergangen Jahr 40 Tiere erlegt. Die nachtaktiven Einzelgänger stellen dem Federwild nach. Auch der Marderhund sei heimisch geworden, der ebenfalls Vogelgelege ausnimmt.

In der Calbenser Jahresstatistik tauchen gerade mal zwei erlegte Wildschweine, dafür 66 Füchse auf. Die Zahl der wildernden Katzen wird mit 9, Dachse mit 2 angegeben. Alle Waidmänner jagen auf einer Fläche von rund 3200 Hektar, die über eintausend Eigentümern gehört. Die aktuelle Jagdpacht beträgt an der Saale 51 Cent pro Hektar. Aus den Einnahmen wurden junge Bäume in der Feldmark gepflanzt und 2009 dem Calbenser Schwimmbad ein Spielgerät für 1200 Euro gesponsert.