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Spagat zwischen freiwilligem Engagement und offiziellen Möglichkeiten beim Winterdienst Warum schippen Ein-Euro-Jobber nicht Schnee?

Von Daniel Wrüske und Falk Rockmann 15.01.2010, 04:52

Nach den anhaltenden Schneefällen vom Wochenende sind die Hauptstraßen geräumt. Der Schnee liegt aber noch in den Seitenstraßen und auf den Plätzen. Viele befürchten, dass man bei Tauwetter der Wasserfluten nicht mehr Herr wird. Sie fordern, dass für die Räumarbeiten Kräfte wie das Technische Hilfswerk oder Ein-Euro-Jobber eingesetzt werden. Das ist nicht ohne weiteres möglich, aber die Stadt freut sich über jede Unterstützung.

Staßfurt. Der Stadtpflegebetrieb in Staßfurt arbeitet in zwei Schichten im Winterdienst. Kommunale Straßen werden nach einer entsprechenden Räumordnung vom Schnee freigehalten. Doch das " Wie " stört viele Menschen. Die Schilde der Einsatzfahrzeuge würden den Schnee einfach an den Rand der Straße schieben. Ohne Rücksicht auf Einfahrten oder Bushaltestellen. " Wenn Passanten die Straße überqueren wollen oder in den Bus steigen möchten, müssen sie Berge von Schnee überwinden ", ärgert sich Christel Kretzschmer im Ortschaftsrat Löderburg. Ihre Ratskollegen und die aus anderen Orten finden viele ähnliche Beispiele. Und in den Zuschauerreihen der Versammlungen, aber auch an den Redaktionstelefonen gibt es schon lange zwei Forderungen im Zusammenhang mit dem Winterdienst : Ein-Euro-Jobber und andere Hilfskräfte – wie das Technische Hilfswerk – müssen ran und der Schnee muss aus der Stadt raus, damit bei Tauwetter das Wasser nicht überall steht.

Andere Kommunen machen es vor : Ein-Euro-Kräfte beräumen den Schnee. Soweit ist man in Staßfurt noch nicht. Auch wenn es Initiativen gibt.

Förderstedts Ortsbürgermeister Peter Rotter und auch Oberbürgermeister René Zok führten dazu Gespräche mit dem Sozialministerium in Magdeburg und mit der Agentur für Arbeit. Doch die Bürokratie setzt den Ideen Grenzen.

Einsatz von

Ein-Euro-Jobbern

" Der Stand ist derzeit so, das wir keine Ein-Euro-Kräfte einsetzen können ", sagt Zok. Die Verhandlungen laufen aber noch. Grund für die Zurückhaltung der Agentur ist, dass die Schneeberäumung als Aufgabe der Kommune im Zuge der Gefahrenabwehr zu sehen und damit Pflichtaufgabe ist. Doch der OB will an dem Thema dranbleiben, machen es doch andere Kommunen vor.

Schwieriger gestaltet sich der Einsatz von Kräften des THW. " Das ist eine Bundesbehörde, für den Katastrophenfall bestimmt ", so der Oberbürgermeister. Der Landrat könne diesen Fall ausrufen. " Aber wir haben normalen Winter. " Auf freiwilliger Basis aber könnten die Kräfte helfen, genauso wie private Firmen. " Die Bereitschaft gibt es zum Teil ja schon ", so der OB. Zok freut sich über diese Initiative und ist gern Ansprechpartner bei Interesse.

Normaler Winter –

kein Katastrophenfall

Doch die Verwaltung werde aber niemanden gezielt ansprechen, denn sie kann kein zusätzliches Geld ausgeben. " Wir haben nichts zu verteilen und müssen deshalb mit den Kräften unseres Stadtpflegebetriebes in der Planung auskommen. "

Es ist offensichtlich, dass die Kapazitäten der Stadt einfach nicht ausreichen in dieser Ausnahmesituation. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Technik des Stadtpflegebetriebes haben ihre Grenzen erreicht. Versicherungsschutz und gesetzliche Regeln machen freiwilliges Engagement schwierig. Doch vorhanden ist es. Wie im Staßfurter Wohngebiet Am Tierpark ( Volksstimme berichtete ) und in der Friedensstraße ergriffen nun auch Rathmannsdorfer die Initiative. " Ich habe gesehen, dass der Benneckesche Hof in Staßfurt zum Markttag geschoben wurde ", erklärte Peter Härtge gestern. " Und warum sollte das nicht auch in Rathmannsdorf möglich sein ?"

Der Anlieger der Querstraße – auf dem angrenzenden Platz stehen mittwochs immer die Fahrzeuge von Fleischer, Bäcker und Gemüsehändler – fragte Ortschaftsrätin Helga Barczinski, ob man vor allem den älteren Mitbürgern weiter zumuten könne, über die Schneeberge zu klettern. Zudem konnte seit zwei Wochen kaum ein Fahrzeug vernünftig die kleine Anliegerstraße passieren.

Traktor raus –

Schnee weg

Die Ortschaftsrätin informierte Ortsbürgermeister Klaus Magenheimer und der setzte sich mit dem Geschäftsführer des ortsansässigen Landwirtschaftsbetriebes in Verbindung. Peter Heinrichs reagierte prompt und schickte einen Traktor mit vorgehängtem Schild. " Wenn Not am Mann ist, hilft man schon ", so Heinrichs. Das Unternehmen kassierte dafür keinen Cent.

Es dauerte keine Stunde, da hatte Marcel Jende mit dem schweren Gerät Straße und Platz von den Schneemassen beräumt. Die Anlieger nahmen die Gelegenheit wahr und ebenfalls Schaufel und Schneeschieber in die Hand. Schließlich waren alle dankbar und überglücklich, nach Tagen das Pflaster wiederzusehen.

Eine Aktion, die Schule machen sollte.

Übrigens, auch die enge Landesstraße 71 durch den Staßfurter Ortsteil wurde vor einigen Tagen komplett von den Schneemassen beräumt. Danach verschwand die Technik wieder.