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Zum umstrittenen Losverfahren des Stadtrates vom August Stadtspitze legt Beschwerde gegen Gerichtsbeschluss ein

Von René Kiel 22.01.2010, 05:52

Oberbürgemeister René Zok ( parteilos ) hat in Absprache mit dem Stadtratsvorsitzenden Dr. Walter Blauwitz ( Die Linke ) vorsorglich Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg zum Losverfahren des Stadtrates vom August eingelegt. Dieser Schritt sei notwendig gewesen, um die vom Gericht gesetzte Frist für einen Widerspruch wahren zu können, informierte das Stadtoberhaupt.

Staßfurt. Der Stadtrat müsse in seiner nächsten Sitzung am 4. Februar entscheiden, wie er sich in dieser Angelegenheit positionieren wolle.

Im August hatte der stellvertretende Stadtratsvorsitzende Sven Wagner ( SPD / Grüne-Fraktion ) mit Hilfe einer Kiste und zweier Karten ermittelt, welche der beiden gleichstarken Fraktionen, Unabhängige Bürgervertretung ( UBvS ) und Unabhängige Wählergemeinschaften ( UWGn ), auf den siebenten Sitz der sechs beschließenden Ausschüsse zugreifen kann. Beim Ziehen der Zettel ging die UWGn in fünf Fällen leer aus.

Die UWGn sah sich dadurch benachteiligt. Sie bezeichnete das Verfahren danach als fehlerhaft, zog vor das Verwaltungsgericht und bekam dort, was das Losverfahren anbelangt, Recht.

" Die Antragstellerin hat bei summarischer Prüfung einen Anspruch auf erneute Durchführung eines Losverfahrens ", entschieden die Richter. Denn es spreche eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass man dieses Verfahren nicht in einer Weise durchgeführt habe, die Manipulationen ausschließe, wobei unentschieden bleiben könne, ob solche stattgefunden haben. Dabei stützten sich die Juristen auf die eidesstattliche Versicherung des Fraktionsvorsitzenden der UWGn, Hartmut Wiest, in der er seine Eindrücke vom Ablauf geschildert hatte.

Er behauptet, dass der Helfer die Zettel mit der Aufschrift UWGn und UBvS ohne erkennbaren Grund von Ziehung zu Ziehung jeweils in wechselnder Reihenfolge übereinander in den Karton gelegt habe. Danach habe er den Behälter verschlossen und die Kiste zaghaft zirka dreimal ausschließlich in einer horizontalen Hin- und Herbewegung geschüttelt. Nach der Öffnung der Kiste sei sie zum stellvertretenden Stadtratschef Wagner getragen worden, um einen der beiden Losträger auswählen zu können. Wagner habe dann zur Kistenöffnung geblickt, um mit einer Hand die Losträger ergreifen zu können. Und der Helfer habe die offene und für ihn einsehbare Kiste unterschiedlich nachgeführt.

Der Oberbürgermeister und der Stadtratschef hingegen erklärten gegenüber dem Verwaltungsgericht, dass das Losverfahren aus ihrer Sicht beanstandungsfrei durchgeführt wurde.

Die damals verwandte Kiste musste die Stadtverwaltung dem Verwaltungsgericht übergeben. Diese würde sie, falls sich der Stadtrat zu einer Wiederholung entscheiden würde, ohnehin nicht wieder verwenden, sagte die für Rechtsfragen zuständige Mitarbeiterin der Stadt, Antje Herwig, im Dezember.

Ihren Worten zufolge herrscht im Rathaus derzeit noch Unklarheit über die praktische Umsetzung des Losverfahrens. Es ist in seinen Einzelheiten gesetzlich nicht festgelegt. Es müsse, so die Richter, ein nicht beeinflussbares Zufallsergebnis herbeiführen – alle Kandidaten müssen die gleichen Chancen haben, weshalb ein angemessener Schutz vor Manipulationen vorzusehen sei.

Während das Streichholzziehen Manipulationen besonders leicht zulasse, würde ein Münzwurf überwiegend als zulässig angesehen, wenn letzterer richtig ausgeführt werde. Das bedeute, wenn die Münze aus einem Meter Höhe auf einen Resopaltisch geworfen werde.

Allerdings hatten zwei kanadische Hals-Nasen-Ohrenärzte herausgefunden, dass der Werfer das Ergebnis mit ein wenig Übung beeinflussen kann. Bei einem Versuch erreichte einer eine " Kopfquote " von 68 Prozent, das heißt, bei 100 Würfen landete die Münze nicht 50, sondern 68 Mal mit der Kopfseite nach oben. Um ein Zufallsergebnis zu ermitteln, sei ein Münzwurf daher nicht geeignet, stellten die Ärzte fest.

Kein Recht bekam die UWGn mit ihrem Hauptantrag, dass die UBvS nach dem Beitritt des ehemaligen CDU-Stadtrates Dietmar Doktor nur eine Zählgemeinschaft und keine Fraktion sei. Die UWGn hatte behauptet, dass es an dem Merkmal grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zwischen Herrn Doktor und den zwei Mitgliedern der Wählergruppe UBvS fehlt.

Wie Wiest der Staßfurter Volksstimme mitteilte, hat auch die UWGn erst einmal Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingelegt, jedoch noch ohne Begründung.