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Der Erwerb eines Jagdscheines ist mit einer umfangreichen theoretischen und praktischen Prüfung verbunden Der Schuss auf den Keiler muss sitzen

Von Ulrich Meinhard 06.08.2009, 07:02

Wer auf die Jagd gehen will, benötigt einen Jagdschein. Um den zu bekommen, ist eine Persönlichkeitsprüfung ebenso notwendig wie das Ablegen einer Jägerprüfung. Am 26. und 27. September f ndet im Salzlandkreis die nächste Jägerprüfung statt. Anträge auf Zulassung können bis 28. August gestellt werden. Die Volksstimme fragte nach, wie sich das Prozedere gestaltet.

Schönebeck. " Was gleicht wohl auf Erden dem Jäger Vergnügen. " So schmettert der Chor in der vielleicht deutschesten aller deutschen Opern, dem " Freischütz ". Wer heutzutage Jäger werden will, muss eine umfangreiche Prüfung ablegen, auch " grünes Abitur " genannt. Ohne Unterricht ist diese Prüfung nicht zu meistern. Im Salzlandkreis bieten die Jägerschaften Staßfurt und Schönebeck sowie die Jagdschule Brauer in Schönebeck entsprechende vorbereitende Kurse an, weiß die Leiterin des Ordnungsamtes des Landratsamtes, Christiane von Wagner. Zu ihren Aufgaben gehört die rechtliche Begleitung des Prüfungsprozederes. Wie sich das gestaltet, weiß Christiane von Wagner ganz genau. " Es gibt drei Prüfungsbereiche : das Schießen, der schriftliche Teil, in dem sechs Fächer abgefragt werden und eine mündlichpraktische Prüfung ", führt sie auf.

Wer beim Schießen auf bewegte Attrappen wie Tontauben, den Kipphasen ( steht immer wieder auf ) oder den laufenden Keiler bereits versagt, wird sofort ausgemustert. Geschossen wird mit einer Langwaffe ( auch Büchse genannt ) und einer Handfeuerwaffe, etwa einem Revolver.

Der schriftliche zweite Teil umfasst sechs Fächer : Jagdrecht, Jagdwaffen, Jagdhundewesen und die Behandlung des erlegten Wildes, Hege- und Jagdbetrieb, jagbare Tiere sowie Ökologie, Natur- und Landschaftsschutz. Behandelt werden hier solche Themen wie Schonzeiten, Spuren lesen, der richtige Umgang mit der Waffe, Trichinen-Kontrolle, der Bau eines Hochsitzes und andere mehr.

Die mündlich-praktische Prüfung erfolgt in der Regel in der Natur, im Forst. Im Vordergrund stehen noch einmal Aspekte, die den genannten sechs Fächern entnommen sind. Und noch immer können die Aspiranten scheitern. " Wenn jemand im Waffenrecht schlecht abschneidet, führt das eher zum Durchfallen, als wenn jemand in anderen Fächern schwächelt ", macht die Amtsleiterin auf Themenbereiche aufmerksam, die der Prüfungskommission besonders wichtig sind.

Diese Kommission wird übrigens vom Landrat berufen. Dem nach der Kreisgebietsreform neu strukturierten Gremium gehören 30 Personen an, darunter Kreisjägermeister Manfred Pürschel. " Er ist auch unser ständiger Berater in allen jagdlichen Fragen ", erklärt Christiane von Wagner.

Und wenn dann die Prüf inge alles zur Zufriedenheit ihrer Prüfer erledigt haben – gibt es immer noch keinen Jagdschein. " Dann erfolgt durch uns eine Zuverlässigkeitsprüfung der jeweiligen Person. Wir nehmen Einsicht in das Bundeszentralregister und in die Unterlagen der Meldeämter. Das ist ein vergleichbares Herangehen wie bei den Sportschützen ", sagt die Chefn des Ordnungsamtes. Wenn bereits Verstöße mit Waffen oder gegen den Tierschutz oder überhaupt Vorstrafen vorliegen, nutzt zumeist auch die bestandene Jägerprüfung nichts. Zumindest wird der Betroffene zu einem ausführlichen Gespräch gebeten, um seiner menschlichen Reife auf den Grund zu fühlen.

Über Sinn und Zweck der Jäger sagt Christiane von Wagner : " Sie sind absolut notwendig, um das ökologische Gleichgewicht in der Natur zu wahren. Deswegen sind die Jägerschaften anerkannte Vertreter des Naturschutzes. Ich möchte hinzufügen, dass wir einen hohen Kenntnisstand bei den Jägern feststellen, der mit Sicherheit auch den gesetzlichen Vorgaben, also den ausführlichen Jägerprüfungen geschuldet ist. "

Der Salzlandkreis mit seinen vergleichsweise geringen Waldfächen ( außer Ostelbien und Hakel dominiert eindeutig die Landwirtschaft ) gehört freilich nicht zu den optimalen deutschen Jagdgebieten. Dennoch steigt die Zahl der Teilnehmer an den Jagdschulen und Jägerprüfungen deutlich an. " Beim letzten Mal hatten wir 60 Prüflinge. Das war die bislang höchste Anzahl ", versichert Silvia Herbrich, die im Ordnungsamt für das Jagdwesen zuständig ist. Das Gros sind Männer, doch so ganz allmählich ziehen die Frauen nach. Silvia Herbrich : " Waren es früher ein bis zwei, nehmen inzwischen drei bis vier Frauen an den Prüfungen teil. "

Im Anpirschen, Hochsitzen und Jagdtrophäen einheimsen erschöpft sich das Jägerdasein allerdings keineswegs. Richten etwa Wildschweine Schäden im Getreide an, kann der zuständige Jagdpächter unter Umständen dafür in Regress genommen werden. Hege und Pf ege und das Herstellen eines Gleichgewichtes zwischen menschlichen Interessen und tierischen Bedürfnissen stehen demnach ganz oben auf dem " Dienstplan " der Jagdpächter und Jäger. Ihnen obliegt es auch, den Bestand der " Zuzügler " wie Mink und Waschbär in vertretbaren Grenzen zu halten.

Große Probleme mit der Fauna hat es im Salzlandkreis noch nicht gegeben : kein Wildschwein, das sich in ein Rathaus verirrte, kein Hirsch, der plötzlich auf dem Marktplatz auftauchte. Anke Wagner-Wolkenstein ist beim Ordnungsamt zuständig für die Jägerprüfung und kennt sich auch mit den Arten gut aus. Sie sagt : " Wir verzeichnen derzeit viel Schwarz- und Rehwild und viele Füchse. Manchmal sind auch schon Wildschweine durch die Straßen eines Ortes gelaufen, neulich wurden Rehe in einer Gartenanlage in Bernburg gesichtet. Echte Probleme bereiten uns eher die häuf gen Wildunfälle auf der B 6. "

Weitere Infos zur Jägerprüfung gibt es bei der Unteren Jagdbehörde in Schönebeck unter Telefon ( 03928 ) 78 06 38 oder 78 06 39.