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Dorffest anlässlich 160 Jahre Schützengilde Hohenerxleben von 1849 e. V. und des 10. Kreisschützentages Aschersleben-Staßfurt am 1. August Vom Schützenwesen einst und heute

Von Falk Rockmann 20.07.2009, 07:03

Zwei Jubiläen werden beim Hohenerxlebener Dorffest am 1. August gefeiert, das maßgeblich vom friedlichen Schützenwesen beeinflusst wird. Die einheimische Schützengilde begeht den 160. Jahrestag ihres Bestehens, und der Kreisschützenverband Aschersleben-Staßfurt lädt die Vereine zwischen Eine und Bode zum 10. Kreisschützentag. Anlässlich dieser Feierlichkeiten sind wir in die Vergangenheit der Schützengilde Hohenerxleben von 1849 e. V. eingetaucht, die die Vereinsvorsitzende Christel Radtke über Jahre mühsam aus dem Altdeutschen übersetzt hat, anfangs mit Hilfe ihres Vaters.

Hohenerxleben. Ein Großteil der alten Chronik stammt von 1924. Führt sich der Leser die aufgeschriebene Vergangenheit der Hohenerxlebener Schützen zu Gemüte, erfährt er aus teilweise herzerwärmenden Worten des damaligen Schützenbruders Kurt Sommer vom Ursprung der deutschen Schützengilden. Er erkennt Parallelen im alltäglichen Kampf um den Erhalt der Traditionen und das Streben nach Entwicklung des Schützenwesens. Ein besonderes Gleichnis dabei : Der Zusammenhalt Gleichgesinnter, ihre Liebe zu diesem Hobby, das ursprünglich der existenziellen Sicherung des Gemeinwohls diente und heute vielerorts wesentlich zum gesellschaftlichen Leben, selbst in kleinsten Orten, beiträgt.

So erinnert Kurt Sommer an die Zeit vor nunmehr fast 1100 Jahren, als sich die entstehenden Städte vor kriegerischen Fremdlingen schützen mussten, um zu Überleben. " Der bedrängte Sachsenherzog und König der Deutschen, Heinrich I. sah als seine Hauptfriedensaufgabe, stärkere und sorgfältiger angelegte Befestigungen zu schaffen ", heißt es in der Chronik. Der Schreiber sieht in der Bereitschaft, der Bewohner dieser Orte, " mit der Waffe, dem Schwerte, dem Spieße oder der Armbrust zu Fuß oder zu Pferd sich, sein Weib und Kind, Hab und Gut seiner Nachbarn und Freunde zu behüten ", die tiefsten Wurzeln der Entstehung der Schützengilden.

Der Chronist umreißt weiter die Zeit, in der aus Leibeigenen der Fürsten und Grundbesitzer freie Bürger wurden, die Städte an Macht gewannen. " Nimmt es uns da Wunder, wenn die Städte aus kleinen Anfängen sich zu herrlicher Blüte entwickeln, wenn die Bürger sich wohlfühlen und für ihre Vaterstadt mit ganzer Kraft und ganzem Können sich einsetzen ? Da die Könige ihren, lieben und getreuen ‘ Städten oft viele Morgen Land zu eigen schenkten und kluge Bürgermeister und weise Stadtväter das Stadtsäckel mit blankem Gold zu füllen verstanden, stieg das Ansehen und die Macht der Städte so gewaltig, dass ringsum auf dem platten Lande bei den adligen Grundherrn und selbst bei den Fürsten der Neid sich mächtig regte. " Adel und Fürstlichkeit wollte unberechtigt Einfluss auf städtischen Besitz und verbriefte Rechte ausüben. Das ließen sich die Bürger nicht gefallen. Die Bürger ließen es zu dieser Zeit nicht an Waffenübungen fehlen, erfahren wir weiter aus der Chronik. Gleich den Zünften und Gilden der Handwerker und Gewerbetreibenden nannten sich die Zusammenschlüsse der wehrhaften Bürger schließlich " Schützengilden ".

Kurt Sommer machte vor 85 Jahren auch darauf aufmerksam, dass Übung den Meister macht, oder wie man auch sagt " Am Schaft steht der Schuft. " Sommer schreibt zum Weg der Kugel ins Zentrum der Scheibe : " Dass sie ‘ s nicht immer erreicht, liegt weniger an mangelnder Kraft des Pulvers, als vielmehr am unsicheren Zielen des Schützen. " Wie wahr.

Der Verfasser geht schließlich intensiver auf die von der Hohenerxlebener Schützengilde und Gleichgesinnten in der Nachbarschaft geschriebene Geschichte ein, freut sich zum Beispiel über " ... alle uns umgebenden Gilden, die wir diesen Sommer ( 1924, d. Red. ) ihr 75-jähriges Bestehen feierten, verdanken wir diesen Vorgängern ihre Entstehung, auch unsere Hohenerxlebener Gilde ... "

Gleiches erhoffen sich übrigens die Veranstalter der Jubiläumsfeierlichkeiten. Der Kreisverband hat alle 40 Schützenvereine zum Schützentag eingeladen. Über die Resonanz wird man beim großen Festumzug am Sonnabend, 1. August, 14 Uhr, urteilen können. Personell vergleichen kann man sicher nicht. Nur am Beispiel der Hohenerxlebener Gilde ist zu erkennen, wie stark das Schützenwesen in puncto Vereinsleben zu DDR-Zeiten gelitten hat. Von den sportlichen Zielen in dieser Epoche mal abgesehen. Zählte die Gilde im Bodeort in ihren ersten Jahren um die 50 Mitglieder, sind es heute gerade mal 17. Die Anstrengungen, sich um Schützentracht und Vereinsfahne zu bemühen, müssen damals wie heute die gleichen gewesen sein. Nicht ohne Stolz berichtet Kurt Sommer davon. Auch die Hohenerxlebener Schützen dürften nicht weniger stolz sein, sich diese Symbole in den vergangenen 14 Jahren seit ihrer Wiedergründung angeschafft zu haben.

Auch Ideen von geeigneten Übungs- und Tanzstätten sponnen die Vorfahren der Gilde – und setzten sie um. Auch daran arbeiteten die heutigen Schützen, zusammen mit anderen Vereinen, den Orts- und Stadträten. " Wir können es jedenfalls kaum erwarten, dass das neue Dorfgemeinschaftshaus für Hohenerxleben in diesem Jahr noch begonnen wird ", unterstreicht Schützengilde-Chef n Christel Radtke. Auch ein Beweis von Durchsetzungsvermögen gegenüber der " Obrigkeit ", und wir sind damit wieder in der Gegenwart. Die Chronik wird übrigens zum Kreisschützentag in einer kleinen Ausstellung im Bürgerhaus ausliegen, ebenso wie ein historischer Fahnennagel von 1899, gestiftet von Erbprinz Friedrich von Anhalt.

Und natürlich die Vereinsfahne, historische Fotos, auch die Schützenketten, die sich sonst privat unter Verschluss befinden.

Auszug aus dem Festprogramm

Freitag, 31. Juli : 17 Uhr Preisskat und Bürgerschießen im Bürgerhaus
Sonnabend, 1. August, Festplatz : 9. 30 Uhr Wecken mit Salut ; 10 Uhr Kinderprogramm, Kutschfahrten, Gummistiefelweitwurf, Adlerschießen, Dartwerfen ; 14 Uhr Schützenumzug ; 15. 15 Proklamation der Schützenkönige ; 15. 45 Überreichung der Kreispokale ; 16. 15 Proklamation Adlerkönige, 20 Uhr Tanz.