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UWG Salzland unterstützt ungewöhnliche Bürgeraktion / Blumenkübel entfernt oder demoliert Protest-Klos prangern an

Von Daniel Wrüske 08.06.2009, 07:02

Geht eine Aktion sichtlich daneben, spricht man heute umgangssprachlich vom " Griff ins Klo ". Aus dem Sprichwort ist in Staßfurt für wenige Stunden sichtbare Realität geworden. An drei Stellen in der Stadt – dem Stadtsee, der Fußgängerbrücke am Bahnhof und neben der Tafel– standen die Salzstädter plötzlich vor Staßfurter Protest-Klos.

Staßfurt. Der Leitspruch der Protest-Klos : " Scheiße bauen – Stadt versauen " ist prägnant, kaum zu überlesen. An ihren Standorten prangern die Protest-Klos Missstände an, sehen die Schuld dafür bei den Fraktionen des bisherigen Stadtrates. " Die eigenwilligen Blumenkübel sollen zum Nachdenken anregen. Sie stehen, um Defizite der Stadtentwicklung, wirtschaftliche Unvernunft und die Verantwortlichkeiten dafür aufzuzeigen ", sagt Hartmut Wiest, Chef der Unabhängigen Wählergemeinschaft ( UWG ) Salzland. Ausgedacht hat sich die Aktion ein Bürger. Die UWG hat die Klos als Blumenkübel für diese Aktion zur Verfügung gestellt, ein Mitglied der Salzländer sorgte für die Bepflanzung.

Im Rat falsche Entscheidungen

Das Beispiel des Protest-Klos vor der Fußgängerbrücke am Bahnhof, Park-and-Ride-Platz Gollnowstraße, macht beispielhaft deutlich, worum es den Machern geht. Zu lesen ist da : " CDU / FDP-, Linke- und SPD-Fraktion im Stadtrat Staßfurt wollten : eine Fußgängerbrücke statt einer flachen Unterführung mit Einkaufspassage. " Dann wird ein Zitat aus einem offenen IBA-Workshop im Jahr 2004 aufgegriffen, das besagt : " Die Brücke ist eine Krücke ". In der Folge bedanken sich die Initiatoren für den Güterbahnhof inmitten der Stadt, für die Verschmutzung der Brücke und Fahrstühle, die erheblichen Betriebskosten durch Instandhaltung und Reinigung, die engen und oft defekten Fahrstühle und die Sonnenhitze im Brückendurchgang.

Weiter am Beispiel orientiert stellt sich die Frage : Kann denn der Stadtrat wirklich für alles verantwortlich gemacht werden ? " Für ‚ alles ‘ natürlich nicht ", sagt Hartmut Wiest. " Aber für die Brücke überhaupt und in dieser Bauart mit allen beschrieben nachteiligen und vorhersehbaren Folgen und Auswirkungen. " Der Stadtrat habe sich bewusst gegen bessere Lösungen eines breiten und flach angeflanschten Tunnels ausgesprochen, in dessen Umfeld am Bahnhofsbereich auch einzelhandelsrelevante Investitionen sinnvoll gewesen wären, erinnert der UWG-Chef.

Gleiches gilt für die anderen Protest-Klos mit ihrer spezifischen Ausrichtung auf ihre Standorte : " Alle drei Blumenkübel-Kunstwerke sind zweck- und ortsgebundene, befristete Leihgaben an die Stadt Staßfurt, zur Ausschmückung und Verschönerung der Blumenrabatten und Grünanlagen an den drei Stellen ", erklärt Wiest.

Rechtliche Bedenken zur Aufstellung hat er nicht, denn die Stadt habe bisher keine Regelung zur Genehmigungspflicht für das Aufstellen von Blumenkübeln in öffentlich gewidmeten Blumenbeeten getroffen. " Lediglich das Aufstellen auf Straßen, Wegen oder Plätzen würde einer Sondernutzungssatzung unterliegen ", weiß Wiest.

Wäre es nach den Initiatoren gegangen, hätten die Blumenkübel ruhig eine Weile stehen und auf die in ihren Augen offensichtlichen Missstände in Staßfurt an den drei markanten Punkten hinweisen können. Doch so ungewöhnlich die Aktion anmutet, so kurz war sie auch. Denn den meisten Protest-Klos blieb nicht mal mehr eine Lebensdauer von 24 Stunden. Freitagmittag wurden die Toiletten-Blumenkübel aufgestellt. Am Sonnabend war das bepflanzte Porzellan am Stadtsee verschwunden, das an der Fußgängerbrücke des Bahnhofs zerstört. Passanten erlebten nur noch das zertrümmerte weiße Becken, verstreute Blumenerde und Pflanzen.

Strafanzeige wegen Diebstahl

Hartmut Wiest vermutet, dass die Becken zum ( Klo ) -Stein des Anstoßes geworden sind. Zumindest das am Stadtsee. Entweder, so der UWG-Salzland-Chef, habe die Stadtverwaltung ihn entfernen lassen oder die Christdemokraten – zumindest die Auftraggeber für die Entfernung sieht Wiest hier. " Wir haben den Verdacht, dass das Protest-Klo speziell der CDU nicht gefallen hat. Die CDU war auch die einzige Partei, die von Oberbürgermeister René Zok sofort über die Aufstellung des Blumenkübels am See informiert wurde, so das drei Mitglieder am See erschienen, als die Aktion lief. " Deshalb hat Wiest noch am Freitag Strafanzeige wegen Diebstahl und Anstiftung zum Diebstahl bei der Polizei gestellt.

Ganz aus dem Stadtbild verschwinden sollen die Klos trotz der Zerstörung nicht. Hartmut Wiest : " Wir werden in jedem Fall wieder Blumenkübel aufstellen. Wir überlegen jedoch noch, wie man die Blumenkübel vor solchen extremistischen Angriffen sicherer machen kann. "