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Initiative der evangelischen Kirchengemeinde St. Petri und Johannis Denkmal soll an deportierte Juden aus Staßfurt erinnern

Von Daniel Wrüske 29.05.2009, 07:02

In Staßfurt soll ein Denkmal für die aus der Stadt deportierten Juden entstehen. Die Idee dazu stammt von der Evangelischen Kirchengemeinde St. Petri und Johannis in Staßfurt. Eine Arbeitsgruppe trägt derzeit die historischen Fakten zusammen und macht sich Gedanken über die Form des Erinnerns. Dabei freuen sich die Mitarbeiter der Gremiums über jede Unterstützung aus der Bevölkerung.

Staßfurt. " Unser Anliegen ist es, ein in der Geschichte vorgekommenes Unrecht vor dem Vergessen zu bewahren ", sagt Pfarrer Thomas Weigel und erklärt damit, was die St .-Petriund Johannisgemeinde bewegt, sich für ein Denkmal der aus Staßfurt deportierten Juden einzusetzen. Mahnen und Erinnern wolle das neue Denkmal an eine Zeit, die das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte ausmacht, deren Zeitzeugen immer weniger werden, und zu der junge Generationen kaum Bezüge fnden. Die Kirchengemeinde wolle so aber auch ihren Glaubensbrüdern gerecht werden. Im alten Testament der Bibel, haben Christentum und Judentum ihre gemeinsame Wurzeln.

Zunächst wollte der Gemeindekirchenrat die Aktion " Stolpersteine " in Staßfurt etablieren. Der Kölner Künstler Gunter Demnig projektiert diese Einlassungen in Gehwege derzeit in verschiedenen Städten. Dass man sich von der Idee abgewandt hat, erklärt Eberhard Müller vom Gemeindekirchenrat. " Wir wollten in Staßfurt einen individuellen Weg des Erinnerns fnden. " Jetzt soll ein Ort geschaffen werden, der " das Mitdenken " ermögliche. Anschauliches Synonym soll ein in Metall gegossener Koffer werden, auf dem die Namen der jüdischen Bürger aus Staßfurt stehen, die im Sommer 1942 deportiert wurden und in den Konzentrationslagern umkamen. " Der Koffer ist Symbol, eine Anlehnung an die Stühle, die als künstlerische Installation im polnischen Krakau an die Deportation der Juden erinnern ", erklärt Müller.

Das Denkmal solle seinen Platz am Staßfurter Bahnhof f nden, erklären die Initiatoren. Und hier kommen Zeitzeugen und Interessierte ins Spiel, über deren Mitarbeit sich der Arbeitskreis in der Kirchengemeinde sehr freuen würde. Denn es gibt wenige wirkliche Quellen, die das Geschehen beschreiben. Ernst Laue hat in dankenswerter Arbeit sehr viel zum jüdischen Leben und zu der Deportation in Staßfurt zusammengetragen und archiviert. Alles im Stadtarchiv aufbewahrt. " Das ist wichtiger Grundstein für unsere Arbeit ", so Müller.

Darüber hinaus sind die Initiatoren dankbar für jede Zeitzeugenaussage oder jeden Erfahrungsbericht. Auch historische Dokumente oder Fotos, die sich vielleicht noch in privatem Besitz bef nden, könnten zur Abrundung des Geschichtsbildes beitragen. Wichtig ist dem Arbeitskreis vor allem eine Aussage zu der Stelle vor dem ehemaligen Bahnhof in Staßfurt, an der sich die kleine Gruppe vor ihrer Abfahrt gesammelt hat.

Die Gestaltung des Denkmals soll auf breite Schultern gelegt werden. Eberhard Müller beschreibt einen Zukunftsgedanken, der vor allem junge Menschen ansprechen soll. Ein Projekt in den Sekundarschulen, an der Ganztagsschule Am Tierpark und am Gymnasium könnte gestartet werden, in dessen Rahmen die Jugendlichen Entwürfe im Kunstunterricht erstellen. Einige dieser Bildungseinrichtungen prof - lieren sich als " Schule ohne Gewalt – Schule mit Courage ". In diese Thematik spiele auch ein Ort des Erinnerns für die Staßfurter Juden, so die Denkmalmacher.

Neben dem Erinnerungsort wird eine Broschüre

zum jüdischen Leben in Staßfurt entstehen. Um den aktuellen Stand der Erkenntnisse zusammenfassen zu können, ist aber noch viel Recherche nötig, für die der Arbeitskreis noch Mitstreiter sucht. Gespräche werden auch mit dem hiesigen Museumsbeirat, dem Geschichtsverein und dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt geführt.

Derzeit bespricht der Arbeitskreis die weiteren Termine. Sponsoren sollen für das Projekt gewonnen werden. Auch die Stadtverwaltung ist mit im Boot. " Wir begleiten die Arbeiten und wollen dazu beitragen, die erforderlichen Beschlüsse herbeizuführen ", sagt Oberbürgermeister René Zok. Verwaltung und Gemeinde suchen derzeit nach einem Künstler, der das Denkmal gestalten kann. Der Arbeitskreis der Kirchengemeinde wird in einem nächsten Schritt nach der Wahl dem neuen Kulturausschuss des Stadtrates Bericht erstatten.