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Friedemann Otto und Bennet Grahmann leisten freiwillig Dienst in der Schulbücherei Frühaufsteher betreiben Bibo

Von Kristin Schröder 05.01.2011, 04:25

Die Grundschule Lüderitz hat eine kleine Bibliothek. Täglich hat sie geöffnet, auch schon vor der ersten Stunde. Möglich machen das Friedemann Otto und Bennet Grahmann. Die beiden Viertklässler stehen jeden Tag etwas früher auf, um für ihre Schulkameraden die Bibliothek zu öffnen und zu betreuen.

Lüderitz. Es ist kurz vor 7.30 Uhr, als die Glocke der Lüderitzer Grundschule ertönt und die Kinder zur ersten Stunde in ihre Klassenräume huschen. Friedemann Otto und Bennet Grahmann sitzen derweil noch in der Bibliothek der Schule und räumen die letzten Bücher ins Regal. Sie müssen sich beeilen. Aber daran haben sich die beiden Viertklässler gewöhnt. Seit sie die dritte Klasse besuchen, sind sie für die Ausleihe in der Schulbibliothek zuständig.

Die beiden Schüler der Grundschule in Lüderitz lesen sehr gern. "Vor allem dicke Bücher und Spannendes, wie Harry Potter", sagt Friedemann. Die Zehnjährigen mögen die Schulbibliothek, weil sie dort noch mehr Leseauswahl haben, und sie wissen, wie viel Arbeit in der Schulbibliothek anfällt. Sie wollten Ute Wittwer unterstützen. Die pädagogische Mitarbeiterin der Schule ist für die Bibliothek zuständig.

Unentwegt sammelt sie Sach- und Geldspenden, um die Bibliothek zu erhalten und auszubauen. Seit fast zwei Schuljahren öffnen die besten Freunde aus Lüderitz pünktlich zehn vor sieben die Bibliothek für ihre Mitschüler. Dafür nehmen sie in Kauf, dass sie früher als alle anderen aufstehen müssen.

"Wir machen das gern", sagt Bennet. "Ich bin froh, dass wir die Bibliothek überhaupt haben, und will helfen, dass sie auch bleibt."

Zwischen den Schulstunden und an den Nachmittagen helfen sie dann, Ordnung in der Bücherei zu halten. Ute Wittwer erzählt, dass sie sich auf ihre kleinen "Mitarbeiter" bedingungslos verlassen kann. "Ohne die beiden wäre es gar nicht möglich die Bibliothek jeden Tag für die Kinder zu öffnen", erzählt sie. Bennett und Friedemann nehmen Wittwer so viel Arbeit ab, dass sie sich verstärkt um die Erweiterung des Buchbestandes kümmern kann.

Als die Stendalerin 1991 als pädagogische Mitarbeiterin in der Grundschule Lüderitz anfing, übernahm sie auch die Bibliothek. So konnte sie ihre Leidenschaft für das Lesen mit ihrer Arbeit verbinden. "Als ich anfing, war die Bibliothek schon fast in Vergessenheit geraten", erzählt sie. Nur wenige Kinder hätten sich in die Bibliothek verirrt. "Das lag wahrscheinlich auch an dem übersichtlichen Buchbestand zu dieser Zeit", sagt Wittwer.

Sie findet, dass Kinder die Möglichkeit haben sollten, viel zu lesen. So machte sich Ute Wittwer an die Aufgabe, der Grundschulbibliothek zu neuem Glanz zu verhelfen. "Es muss eigentlich immer jemanden geben, der den Schwung hat, etwas zu bewegen."

Für die Erweiterung der Bibliothek nutzte sie vorwiegend private Kontakte, die sie durch ihre Bücherleidenschaft gesammelt hat. Ihre gute Verbindung zur Fahrbücherei des Landkreises Stendal beschert der Grundschule jedes Jahr einen Karton mit aussortierten Büchern.

Auch Privatpersonen hätten immer wieder Bücher gespendet. Die Buchhandlung Genz lädt die Grundschüler jedes Jahr im April zum Tag des Buches in die Buchhandlung nach Stendal ein. Jedes Kind, das dabei ist, bekommt ein Buch geschenkt. Viele von diesen Büchern wandern in die Schulbibliothek. So wuchs der Buchbestand an der Schule Jahr für Jahr und zunehmend fanden mehr Kinder den Weg in den Bibliotheksraum.

Doch trotz der ersten Erfolge ruht sich Ute Wittwer nicht aus. In diesem Jahr begann sie Spenden zu sammeln, um endlich fabrikneue Bücher kaufen zu können. "Ich bin sehr stolz, dass zehn Firmen und Privatleute in und um Lüderitz gespendet haben", sagt Wittwer. Insgesamt seien bei diesem Aufruf 630 Euro zusammengekommen. "Davon habe ich schon über 60 neue Bücher bestellt", erzählt die Bibliotheksleiterin.

Nun taucht aber ein Problem auf. Der Platz im Bibliotheksraum wird langsam zu klein, weil auch das Computerkabinett dort untergebracht ist. "Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir einen größeren Raum bekommen", sagt Wittwer entschlossen. "Dort werden wir dann auch eine gemütliche Leseecke einrichten." Friedemann und Bennet freuen sich schon auf die neuen Bücher und wollen kräftig mit anpacken, wenn sie in die Regale einsortiert werden sollen.

Die beiden Viertklässler hoffen, dass die Bücher noch rechtzeitig ankommen. "Wir müssen im Januar aufhören, weil auch noch andere Kinder die Ausleihe machen wollen", sagt Bennet ein wenig traurig.

Die beiden können sich damit trösten, dass sie bei ihren Mitschülern den Ehrgeiz geweckt haben, auch mitzuhelfen.

Wenn andere Kinder die Bücher ausleihen, bleibt den beiden Jungen mit Vorbildfunktion wenigstens mehr Zeit für ihre zweite Leidenschaft: Fußball. Aber das Lesen und ihre freiwillige Arbeit werden sie trotzdem nicht aufgeben. "Wir machen dann eben andere Sachen in der Bibliothek, Hauptsache wir sind dabei", sagen sie.