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MAD-Club-Leiterin begeistert Jugendliche für Handarbeit / Erzieherpraktikant bringt sich mit neuen Ideen ein Häkelstunde im Chillroom

03.01.2014, 01:08

Im Stendaler MAD-Club fehlt beim Personal jugendlicher Nachwuchs und vor allem männlicher. Keine ideale Situation für einen Jugendclub. Trotzdem treffen die Mitarbeiterinnen mit ihren Aktivitäten immer den Nerv der jungen Leute - unter anderem mit Omas Häkelnadel.

Von Tanja Andrys

Stendal l Man traut seinen Augen kaum. An einem Montagnachmittag sitzt der 24-jährige Michael Schieske im Stendaler Jugendclub "MAD-Club" und häkelt. Nicht aus Langeweile oder weil er womöglich sogar altmodisch ist. Nein, es macht ihm Spaß. "Unsere Leiterin hat es uns beigebracht", erzählt er und lässt sich in seinem neuen Hobby gar nicht stören. Im Gegenteil, er verweist mit einem Blick in die Runde, wo noch drei weitere Jugendliche sitzen und ebenfalls häkeln. Daneben steht fröhlich strahlend MAD-Club-Leiterin Susann Junghans. "Ich habe einen neuen Trend angeschleppt", sagt sie. "Wer hätte das gedacht, dass sich die Jugend fürs Häkeln interessiert?"

"Wir haben uns gefragt, was Frau Junghans da macht. Und dann hat sie\'s uns gezeigt."

Doch die Jugend interessiert\'s. Michael Schieske häkelt einen Topflappen nach dem anderen. "Das ist mal was anderes", findet er. "Wir haben Frau Junghans in einer ruhigen Minute häkeln sehen und gefragt, was sie da macht. Und dann hat sie\'s uns gezeigt und seitdem häkeln wir, was das Zeug hält."

Susann Junghans schaut immer noch ungläubig auf ihre jungen Leute. "Keiner spricht, alles ist so ruhig. Komisch, normalerweise ist es ja hier eher unruhig", sagt sie. Doch dann wird ihr Blick besorgt. "Wenn man mal überlegt, dass wir hier nur Frauen als Mitarbeiter haben und die meisten schon lange aus dem Alter raus sind, wo wir mit den Jugendlichen über Musik und aktuelle Trends sprechen können... Ich muss zugeben, ich verstehe die neue Musik auch gar nicht. Uns fehlt einfach mal ein bisschen frischer Wind in unserer Frauenriege."

Doch die MAD-Club-Frauen müssen die Situation wohl noch eine Weile hinnehmen. Auf Nachfrage bei der Pressestelle der Stadt Stendal, erfährt die Volksstimme, dass alle Stellen im MAD-Club besetzt sind. Und man sei sehr zufrieden mit der Arbeit der Frauen.

Eine willkommene Abwechslung bietet da der Praktikant Kai Freidank. Der 25-Jährige befindet sich gerade im letzen Jahr seiner Erzieherausbildung. Die Arbeit im Jugendclub ist für ihn "der absolute Hammer", wie er sagt. "Die Jugendlichen zu motivieren, ist schon manchmal eine Herausforderung." Man müsse teilweise "schon mal die eine oder andere Ansage machen, aber dann ziehen sie auch mit und wir können wirklich was erreichen".

"Seit wir den Chillroom haben, kommen sogar die öfter, die sonst nicht jeden Tag hier sind."

So konnte Freidank mit viel Engagement und Herzblut und vor allem der Mithilfe der Jugendlichen eigene kleine Projekte umsetzen, "auf die ich gar nicht gekommen wäre", sagt Susann Junghans. Der neue Chill- und Gamingroom, zum Beispiel, also ein Raum, in dem die Jugendlichen auf einer Couch entspannen oder mit der Playstation spielen können. "Seit der Raum da ist, kommen sogar die Jugendlichen, die sonst eigentlich nicht jeden Tag kommen", erzählt die Leiterin. "Obwohl der Raum noch gar nicht fertig ist", ergänzt Kai Freidank. Zwar sei er schon gemütlich, aber es fehle noch an Farbe. Eine gesprayte Weltgeschichte könne er sich gut vorstellen. Das wäre mal was anderes.

Ja, das wäre tatsächlich toll, findet auch Jugendclubleiterin Susann Junghans. Aber auch sonst habe man schon viele Pläne, wie man, vor allem mit junger Unterstützung, wieder mehr Jugendliche anzieht. "Es soll im nächsten Jahr ein Konzert geben, aber was für eins, das verraten wir noch nicht", sagt sie und blickt verschwörerisch zu Kai Freidank. Der will unbedingt das Sprayerprojekt durchsetzen. Und einen Niedrigseilgarten, für diejenigen, denen der Hochseilgarten zu hoch ist, fänden sie toll.

Für seine Erzieherprüfung will Kai Freidank im Jugendclub übrigens ein Insektenhotel bauen. Darauf freut er sich schon besonders und hofft, dass er dabei tatkräftige Unterstützung von den Jugendlichen bekommt. Und bis das Projekt umsetzbar ist, werden sich die Jungen und Mädchen die kalten Wintertage wohl mit Häkeln vertreiben.