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Kultsteinausstellung mit Kurt Hübner in Weißewarte fand trotz Schnee und Eis viel Beachtung Zehn steinerne Zeugen grauer Vorzeit

Von Birgit Schulze 27.01.2014, 02:27

Bei zehn Grad Minus und tanzenden Schneeflocken übergab Heimatforscher Kurt Hübner am Wochenende die Kultsteinausstellung am Tourismuszentrum in Weißewarte. Gut 20 an der Geschichte der Region ebenso interessierte Gäste waren dabei.

Weißewarte l Zehn imposante, mit Wetzrillen oder Schalen und Schälchen ausgestattete Steinbrocken hat der Tangerhütter Heimatforscher Kurt Hübner in den vergangenen Jahren zusammengetragen und in Weißewarte mit Unterstützung von vielen Seiten zu einer interessanten Ausstellung arrangiert.

"Damit ist die Außengestaltung am Tourismuszentrum nun abgeschlossen", sagte der Mann, der auch im Inneren des Hauses bereits viel geleistet hatte. Eine sehenswerte Präsentation zu Entstehungsgeschichte und Besonderheiten der Tangerniederung hat er vor einigen Jahren im Obergeschoss installiert.

Die Steine, denen Hübner nach ihren Fundorten Namen wie "Rosstrappe von Bellingen", "Rillenstein vom Strepel" oder "Dreiaugenstein von Bertingen" gegeben hat, erzählen Geschichte, die zur Region gehört. "Es sind alles Steine aus der südlichen Altmark, aber dass die Dichte solcher als Kult- oder Opferstellen gebrauchten Steine so hoch ist, hätte keiner gedacht".

Hübner, der in seinem Leben viele aufgelassene oder ganz verschwundene Siedlungen und deren Reste dokumentiert hat, glaubt inzwischen, dass es in jeder Siedlung der Region eine solche Kultstätte gegeben hat. "Dort traten die Menschen mit ihren Göttern und Geistern in Kontakt", ist Hübner überzeugt. Mancherorts wurden an der Stelle später Kirchen errichtet oder die Kultsteine in Scheunen und Häusern mit eingebaut, um ihre vermeintliche Kraft zum Schutz des Hauses zu nutzen.

Mehrere tausend Jahre alte Kultobjekte

Viele interessante Geschichten hat Kurt Hübner aus der Region zu erzählen, so auch die vom "rostbraunen Sandstein", den er in seiner Tasche dabei hatte. Faustgroß und mit eingeritzten Zeichen versehen, stellte er die Besucher der Ausstellungseröffnung vor Rätsel.

Dass es sich um Fruchtbarkeitssymbole und sehr wahrscheinlich um einen Gebärstein handele, der Gebärenden in die Hand gegeben wurde, erklärte Hübner. Der jüngste Zuwachs für die Kultsteinausstellung in Weißewarte kam noch vor wenigen Tagen aus der Colbitz-Letzlinger Heide: Zwei Steine mit zum Teil S-förmigen Ritzspuren dürften auch für kultische Handlungen genutzt worden sein. Ihre Bedeutung soll aber erst noch ergründet werden. "Es sind Relikte einer Kultur, wie sie von der Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit hier gelebt worden sein muss", sagt Hübner. Eine Zeit, die also bis zu 7000 Jahre zurück liegt.

In einer großen Tafel, die am Eingang zum Tourismuszentrum steht, erklärt Hübner Zusammenhänge zu Kultsteinen wie den ausgestellten, aber auch mit anderen Kulturen. Er bedankte sich bei seinen Unterstützern, darunter Kulturhausleiter Sven Biermann und der Tangerhütter Mediziner Klaus Graubner, aber auch langjährige Begleiter wie Bernd Rückborn aus Tangerhütte. Interessierte aus Tangerhütte, Schönwalde, Jerchel, Lüderitz, Brunkau und weiteren Orten der Region waren bei der Eröffnung mit dabei.

Die Opferstein-Ausstellung ist, wie die regionalgeschichtliche im Obergeschoss, immer zu den Öffnungszeiten des Wildparkes zu sehen, Führungen sind auf Anfrage bei Kurt Hübner möglich: 03935/21 29 46.

"Es gibt viele Erklärungsversuche, warum die Steine so bearbeitet worden sind", sagt Hübner. Derzeit arbeitet er am Ausloten einer "Brauchtumsgrenze" für ähnliche Wetzrillen an Sakralbauten, die ostelbisch häufiger zu finden seien, als auf dieser Seite der Elbe.

Und weil Kurt Hübner sein gesammeltes, heimatgeschichtliches Wissen nicht für sich behalten möchte, hatte er im Vorjahr zu einer Interessengemeinschaft "Regionalgeschichte" aufgerufen. Die organisierte bereits eine erste öffentliche Exkursion und plant weitere Aktionen. Mehr dazu in Kürze.