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Domkantor Johannes Schymalla erklärt, wie er mit einem Chor kommuniziert. Von Nora Knappe / Fotos: Susanne Moritz Der Dirigent:Was will er uns damit sagen?

08.02.2014, 01:30

Es gibt eine klare Formel, aus der Dirigieren besteht: Handwerk plus Gestik und Mimik. Was einfach klingt, ist dann aber doch etwas diffiziler. "Es gibt Schlagfiguren, die bekommt man beigebracht", erklärt Stendals Domkantor Johannes Schymalla. "Den Rest muss man sich selbst aneignen und erarbeiten. Man muss selbst eine Vorstellung davon haben, wie die Musik klingen soll und wie man das dem Chor mimisch vermittelt. Es ist ein bisschen wie Schauspiel." Und das, sagt der 36-Jährige, bereitet ihm durchaus Vergnügen. "Dieses freie Agieren geht aber erst, wenn man das Handwerk beherrscht."

Schymalla, der außer dem Domchor auch Kinderchor und Kurrende leitet, erinnert sich noch an sein erstes Konzert in Stendal, als sein Handwerk, wie er sagt, "noch nicht perfekt" war. Und er merkte während des Konzerts: Irgendwas stimmt nicht, es klappert gewaltig. "Ein schreckliches Gefühl, wenn man merkt, es liegt an einem selbst, deine Gesten werden nicht verstanden."

Wie ausdrucksstark ein Dirigent letztlich ist, entscheidet er selbst. "Es gibt mimisch sehr zurückhaltende Dirigenten, aber auch sehr expressive. Das Expressive motiviert und inspiriert die Sänger natürlich, darf aber auch nicht zu viel sein." Denn auch wenn man meinen könnte, ein Dirigent müsse dem Chor ständig anzeigen, was zu tun ist, ist eher das Gegenteil ein Zeichen von Können. "Die Kunst beim Dirigieren", sagt Johannes Schymalla, "ist es, sich zurückzunehmen, so dass der Chor sich nicht gegängelt fühlt."

Bei besonderen Konzerten, wie zum Beispiel als Nächstes bei der Aufführung der "Matthäuspassion" am 28. September im Stendaler Dom, gibt er sogar gleichzeitig Chor und Orchester den Takt an. Dafür nimmt er vorher extra Unterricht bei einem Kapellmeister. Der Anspruch beim Dirigieren eines Orchesters ist weitaus höher als bei einem Chor: "Das ist echte Choreographie, ich muss die zweieinhalb Stunden Musik eines großen Werks verstanden, verinnerlicht haben und muss immer voraus sein, um die einzelnen Stücke zu verbinden, die Übergänge gut zu schaffen." Und eines darf er dabei auf keinen Fall: An das denken, was gerade war. Fauxpas speichert er unbewusst ohnehin ab. Ausgewertet wird später.

Das Dirigieren macht Johannes Schymalla großen Spaß. "Ich habe schon als Kind vor dem Spiegel gestanden und zur Musik von der Schallplatte dirigiert", erzählt er lachend.

Aber auf jeden Fall ist Dirigieren auch anstrengend. "Nicht so sehr körperlich, es ist mehr eine geistige Anspannung. Das laugt tatsächlich aus. Nach einem Konzert ist mir jedenfalls nie kalt."