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"Der Besuch der alten Dame" hat am Sonnabend Premiere im Theater der Altmark Eine teuflische Liebesgeschichte

Von Kerstin Singer 11.04.2014, 01:19

Angelika Hofstetter und Hannes Liebmann spielen die Hauptrollen in dem Stück von Friedrich Dürrenmatt. Dabei geht es um Leben und Tod. Eine Multimillionärin bietet einer verarmten Kleinstadt eine Milliarde an, wenn sie ihren ehemaligen Geliebten töten.

Stendal l So ganz einig sind sich Angelika Hofstetter und Hannes Liebmann noch nicht, wer von beiden in dem Stück der größere Bösewicht ist. Hof-stetter spielt im "Besuch der alten Dame" von Friedrich Dürrenmatt, der am Sonnabend in Stendal Premiere hat, die Hauptrolle der Claire Zachanassian, Liebmann ihren ehemaligen Geliebten Alfred Ill. Bei einem Gespräch bei wechselhaftem Aprilwetter auf den Stufen vor dem TdA diskutieren beide über das Gefühlsleben ihrer Figuren.

Dass sie das Knistern einer zwar verlorenen, aber noch nicht erloschenen Liebe auf die Bühne bringen, nimmt man ihnen sofort ab. Angelika Hof-stetter kennt das Stück nur zu gut. Bereits 2008 stand sie in mehreren kleineren Rollen damit in Lüneburg auf der Bühne. Während in der damaligen Inszenierung die Claire als Greisin dargestellt wurde, spielt die Schauspielerin sie jetzt nicht als "alte Dame". "Sie ist 42 Jahre alt", sagt sie.

Hofstetter fürchtet sich vor Enge der Kleinstadt

Die Münchnerin, die derzeit in Berlin wohnt, hat Verständnis für Claire, die nie verwunden hat, dass damals keiner zu ihr stand. "Er hat sie zerstört, dafür rächt sie sich." Eine Milliarde bietet Zachanassian ihrer maroden Geburtsstadt Güllen an, wenn jemand Ill töte.

Auch die Abneigung gegen die Enge einer Kleinstadt teilt sie mit ihr. Obwohl Hofstetter seit 2011 fest zum Ensemble des Theaters der Altmark gehört, kann sie sich nicht vorstellen, in Stendal zu wohnen. Sie pendelt von Berlin aus, wo sie mit ihrem Freund zusammenlebt. Auch dessen 94-jährige Mutter gehört dazu. "Sie steht noch täglich im Kosmetiksalon", erzählt die Schauspielerin. Die Dame sei noch topfit, anders als Claire Zachanassian in Dürrenmatts Stück. Zahlreiche Körperteile sind Prothesen, eine sogar aus Elfenbein. Die Multimillionärin ist in ihren Geburtstort Güllen zurückgekehrt, um sich an Ill zu rächen. "Er war die Liebe ihres Lebens", sagt Angelika Hofstetter. "Und gleichzeitig ihre größte Enttäuschung", fügt Hannes Liebmann hinzu.

Liebmann stammt aus der Steiermark

Denn der junge Ill leugnete nicht nur die Vaterschaft ihres gemeinsamen Kindes, er führte sogar falsche Zeugen in einem Gerichtsprozess an, die aussagten, dass Claire auch mit anderen Männern geschlafen habe. Der Ill sei halt eher ein einfach gestrickter, aber ganz und gar scheinheiliger Typ.

Der Kosmos der Provinz, in dem das Stück spielt, ist Hannes Liebmann vertraut. "Man kennt sich, ist voneinander abhängig", so der Schauspieler. Der Österreicher stammt aus der 6000-Einwohner-Stadt Mürzzuschlag in der Steiermark, die immer noch sein Zuhause ist, auch wenn er derzeit in Stendal wohnt. Dazwischen liegen allerdings 900 Kilometer. Mürzzuschlag ist nicht nur als Geburtsort der Schriftstellerin Elfriede Jelinek bekannt, sondern auch als Bezirk mit der höchsten Selbstmordrate in ganz Österreich berühmt-berüchtigt. "Es ist eine rauhe Gegend. Die Winter sind kalt und schneereich, im Sommer regnet es oft. Ich bin an unwirtliches Wetter gewöhnt", sagt Liebmann und zieht bei stürmischem Aprilwind die alte Lederjacke fester um sich. Er fühle sich in Stendal wohl. Zum ersten Mal ist der 58-Jährige an einem Theater festangestellt. "Man hat mich immer vor der Hure Theater gewarnt", sagt er. Deshalb habe er vorher auch viel fürs Fernsehen gearbeitet. Doch es sei auch mal schön, eine gewisse finanzielle Sicherheit zu haben. Dabei ist ihm Geld nicht so wichtig. "Man wird authentischer, wenn man wenig hat", erklärt er.

Um sein Auto hatte er allerdings Angst, als im vergangenen Jahr das Hochwasser kam. "Wohin hätte ich fliehen sollen, wenn der Deich Richtung Stendal gebrochen wäre", fragt der passionierte Wanderer, der keine Scheu vor den Gipfeln der Dolomiten hat.