1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Viereinhalb Jahre Haft für Missbrauch an Enkelin

Staatsanwaltschaft: "In Selbstmitleid versinkender Jammerlappen" / 56-Jähriger nahm die Taten auf Video auf Viereinhalb Jahre Haft für Missbrauch an Enkelin

Von Wolfgang Biermann 16.07.2014, 01:26

Stendal l "Der Angeklagte hat seine Opa-Position schamlos ausgenutzt." Mit diesen Worten begründete der Vorsitzende Richter der Jugendschutzkammer am Landgericht Stendal, Ulrich Galler, gestern die viereinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs für einen 56-Jährigen. Demnach hat dieser seine Enkelin zweifach missbraucht und das auch noch gefilmt und fotografiert. "Widerliche Bilder", wie der Vater des Mädchens und Sohn des Angeklagten als Zeuge ausgesagt hatte.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der gebürtige Tangermünder, der bis zu seiner Festnahme am 20. Februar dieses Jahres im Landkreis Jerichower Land lebte, sich im Sommer 2012 an zwei nicht mehr feststellbaren Tagen an dem Mädchen vergangen hat. Mit einer als Feuerzeug getarnten Kamera filmte und fotografierte er das Geschehen.

"Es tut mir leid, ich weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe; das ging automatisch", gab der Angeklagte an. Als "in Selbstmitleid versinkenden Jammerlappen" bezeichnete die Vertreterin der Staatsanwaltschaft den Täter und forderte sechs Jahre Haft. Er solle zu seiner Schuld stehen und diese nicht auf andere schieben.

Der geschiedene und bislang nicht vorbestrafte Angeklagte, der mit seinem Sohn, dessen Ehefrau und der Enkelin zur Tatzeit unter einem Dach lebte, hatte die Taten eingestanden, als Ursache aber Streit mit Sohn und Schwiegertochter angegeben und von "Alkoholrausch" gesprochen. So will er, obwohl berufstätig, fast täglich bis zu zehn Flaschen Bier und eine Viertelflasche Korn konsumiert haben. Der psychiatrische Gutachter hatte dem Angeklagten aber volle Schuldfähigkeit bescheinigt, weil er ihm die Trinkmengen nicht abnahm. Dagegen spreche auch, dass er ohne feinmotorische Einschränkung die Kamera habe bedienen können.

Missbrauchsvideo dauert knapp 20 Minuten

Der Vater des Mädchens hatte die Kamera per Zufall gefunden. Und noch weitere Bilder auf dem PC des Angeklagten. Er habe seinem Vater vertraut und ihm die Tochter bei Abwesenheit zur Beaufsichtigung in Obhut gegeben. Und diese sei gerne bei ihrem Opa gewesen. Nach dem Fund der Bilder habe er ihn zur Rede gestellt und sofort die Polizei gerufen, sagte der 33-Jährige aus.

Fast 20 Minuten währte das den zweifachen Missbrauch dokumentierende Video, das sich das Gericht gestern anschaute. Ihre Tochter sei in psychologischer Behandlung, gab die Mutter der Sechsjährigen an. Die Richter sprachen dem Kind im Urteil 5000 Euro Schmerzensgeld zu.

Aufschluss, ob es weitere Missbräuche gab, soll eine gefundene Datei geben, die das LKA bislang nicht öffnen konnte.