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Stendaler tritt 2016 nach sechs Wahlperioden im Landtag nicht mehr an / SPD beginnt mit der Nachfolge-Suche Tilman Tögel: "Irgendwann ist Schluss"

14.10.2014, 01:16

Stendal l Ein ganzes politisches Leben liegt da auf dem Tisch vor der Flagge des Stendaler SPD-Ortsvereins: 27 Taschenkalender hintereinander gereiht. Sie enthalten die gesamten politischen Termine des Sozialdemokraten, beginnend mit dem Eintrag "Niederndodeleben" am 15. Oktober 1989 - dem ersten Treffen von Anhängern der damaligen SDP im Bezirk Magdeburg.

Daneben sechs Landtagshandbücher: Tilman Tögel gehört zu den nur noch sieben der 105 Abgeordneten, die dort sechs Sterne haben - für jede Wahlperiode seit der ersten Sitzung genau heute vor 24 Jahren einen. "Da ist immer ein Bild von mir drin. Jedes Mal ist es ein bisschen anders", sagt der 54-Jährige und schaut ein wenig verschmitzt.

Tögel: "Ich habe sechs Mal das Glück herausgefordert"

Ansonsten muss Tilman Tögel an diesem Montagnachmittag einige Male schlucken. Dieses Pressegespräch, zu dem er eingeladen hat, verläuft etwas anders als die zahlreichen anderen in seiner 24-jährigen Karriere als Landespolitiker: Den Kalender für 2015 hat er schon gekauft, auch 2016 wird er in den ersten Monaten noch einen benutzen. Doch einen siebten Stern und ein weiteres Foto im nächsten Landtagshandbuch wird es nicht geben: Tögel tritt im Frühjahr 2016 nicht mehr an.

"Irgendwann ist Schluss, man sollte sich nicht für unersetzlich halten", leitet er die Ankündigung für seinen Ausstieg ein. "Ich habe sechs Mal das Glück herausgefordert. Und ich habe jeweils Glück gehabt", bilanziert er.

Dass es kein siebtes Mal geben wird, ist eine Entscheidung, die in den vergangenen Wochen gereift ist. Eine Krebs-Operation habe seinen Entschluss schließlich gefestigt. "Ich bin wieder gut auf den Beinen", bekräftigt der Sozialdemokrat. Doch die Nachbehandlung in den nächsten sechs Monaten werde noch viele seiner Kräfte binden. "Ich wollte daher zeitig für alle Gewissheit schaffen", begründet er seinen Schritt gut 18 Monate vor der nächsten Landtagswahl.

Weis: "Das erwischt die meisten sicher kalt"

"Das erwischt die meisten unserer Mitglieder sicherlich kalt", bekennt SPD-Ortsvereinsvorsitzender Reinhard Weis. Er spricht von einer "völlig neuen Situation", denn für viele sei eigentlich klar gewesen: "Der Tilman tritt wieder an."

Weis zollt seinem langjährigen Weggefährten seit den Tagen im Herbst 89 tiefen Respekt: "Stendal und der SPD-Ortsverein haben sehr von seinem Engagement profitiert." Der frühe Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rückzugs eröffne aber auch die Möglichkeit, rechtzeitig und gezielt die Nachfolge zu regeln und aufzubauen. "Wir sind da beim Punkt Null. Das offene Verfahren beginnt jetzt", erwartet Weis nunmehr Vorschläge der Mitglieder.

Über die Zeit nach dem Frühjahr 2016 hat sich Tilman Tögel noch keine großen Gedanken gemacht, wie er sagt. "Ich bin dann 56 Jahre alt. Das ist ein guter Zeitpunkt für eine neue Tätigkeit."

Bis dahin will er aber im Landtag noch einiges bewegen. Die Existenzgründer-Berater in den Landkreisen müssten gerade für den ländlichen Raum weiter erhalten bleiben. Und auch die Regionalbahnverbindung von Stendal nach Salzwedel gelte es dauerhaft zu sichern, nennt er zwei Beispiele, für die er bei den Haushaltsberatungen streiten will.

Ein Einsatz, der in der Vergangenheit aus seiner Sicht durchaus erfolgreich für diese Region war. Den Aufbau des Hochschulstandorts Stendal und den Erhalt des Theaters zählt er ebenso dazu wie neue Strukturen für das ehemalige Raw und das Fachkrankenhaus Uchtspringe, die dadurch nicht abgewickelt wurden.

Tögel schluckt noch einmal. "Das ist noch nicht die Zeit für Bilanzen." Vielmehr will er ab März wieder 100-prozentig einsteigen. "Bis zum letzten Tag", verspricht er. Und er kündigt an: "Auch danach werde ich mich einmischen."