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Dieter Grupe erinnert sich Trickfilmhelden und ein volles Haus

Im Vorjahr schlossen sich die Türen des alten Schülerclubs in der Magdeburger Straße, der mit der Wende aus der "Station junger Naturforscher und Techniker" hervorging. Für ganze Schülergenerationen war das Haus nicht nur wegen seiner Fassadengestaltung untrennbar mit einem Namen verbunden: Dieter Grupe.

Von Birgit Schulze 26.11.2014, 02:18

Tangerhütte l Ein lustiges, riesiges Wandbild mit einem Baum und den 80er- und 90er-Jahre-Trickfilmhelden "Chip und Chap - Ritter des Rechts" oder "Teenage Mutant Ninja Turtles" erinnert bis heute daran, dass das Haus an der Magdeburger Straße 1 für viele Nachwende-Generationen ein beliebter Treffpunkt war. Geschaffen hat das Kunstwerk Dieter Grupe, zu der Zeit Leiter des Schülerclubs. Dass die Geschichte des Freizeithauses eine bewegte war, daran erinnert sich der einstige Mathe- und Kunstlehrer bis heute gern.

Seine Ehefrau Bärbel, die damals dort in der Verwaltung arbeitete, war eigentlich Schuld daran, dass Dieter Grupe, vormals Lehrer für Mathe, Physik und Technisches Zeichnen an der Wundt-Schule, 1975 in die "Station junger Naturforscher und Techniker" wechselte. Mit einem Mathezirkel ging alles los. Mangels entsprechender Kollegen war er zuvor an der Wundt-Schule, in der er 13 Jahre lang unterrichtete, "plötzlich" zum Zeichenlehrer geworden, erzählt er rückblickend. Bei Else Nagel (Groß Schwarzlosen) lernte er damals das künstlerische Gestalten und hinterließ damit seine Spuren.

150 Kinder am Tag kamen in den Schülerclub

Das Wandbild für den Schülerclub, der mit der Wendezeit auf die "Station junger Naturforscher und Techniker" folgte, schuf er 1993. Im Vorfeld habe es einige Entwürfe und Diskussionen gegeben, berichtet der heute 75-Jährige. Auch Schüler Marcus Westphal, der damals für die Clubzeitung "Schülerclub aktuell" zeichnete, war beteiligt. "Wir haben alle zusammen überlegt, was an die Wand gebracht werden soll. Umgesetzt hat es Grupe selbst - mit Öl- und Acrylfarben und einem Baugerüst.

Dass Dieter Grupe eine gute Portion Humor versteht, zeigte sich nicht nur im Alltag, auch das eigens angebrachte Bäumchen auf dem Dach, das sein Kunstwerk jahrelang optisch verlängerte, zeugte davon. Auch an den Jugendclub, den es ab 1994 auf dem Gelände gab, und an die abendlichen Volleyballrunden, Tischtenniswettkämpfe und Skatabende erinnert er sich gern.

Die "Station junger Naturforscher und Techniker", die in den 70er Jahren vom Klubhaus in die Magdeburger Straße umzog, wo vorher ein Schulgebäude gewesen war, leiteten Kurt Elfert und Hubert Teßmer. Später übernahm Ewald Niepel aus Uetz die Leitung. Erst 1991 wurde Dieter Grupe dann Leiter des neuen Schülerclubs am alten Standort.

Mit der Anschaffung moderner Computertechnik konnte der Club dann, unterstützt durch die Stadt, kurz nach der Wende richtig punkten. Als die ersten C-64-Computer aus Uelzen geholt werden konnten, gab es für die Schüler der Region neben Bastel- und Spiel- angeboten noch mehr gute Gründe, ihre Freizeit im Club zu verbringen. "Anders als heute hatte damals ja kaum einer einen eigenen Computer", sagt Grupe.

Er erinnert sich nicht nur an die ersten Rechner, sondern auch die selbst gebauten Tastaturen aus Telefontastaturen und Platinen, die gegen Spargel aus Dresden kamen. Auf den Rechnern und dazugehörigen Nadeldruckern entstand zwischen 1993 und 1999 auch die Clubzeitung mit Aktuellem, Zeichnungen und Späßchen.

"Wir hatten 150 Kinder pro Tag im Haus, etwa 25 000 pro Jahr. 1994 kamen wir auf 26 000 und manchmal waren die Zustände fast unzumutbar", sagt der Rentner heute. Von 1975 bis 2005 war er im Tangerhütter Schülerclub tätig. Was geblieben ist, sind die Erinnerungen der jungen Menschen von damals, die Dieter Grupe auf der Straße bis heute freudig grüßen, und natürlich das Wandbild am alten Schülerclub. Auch wenn das langsam verblasst. Aufgrund von Brandschutzauflagen und Sanierungsbedarf, aber auch vor dem Hintergrund ganz anderer Kinderzahlen als früher hatte die Kommune 2013 den Umzug in das einstige Schulgebäude am Seelenbinder-Ring beschlossen, seither steht das Objekt mit den Trickfilmhelden an der Fassade leer.

Die Einheitsgemeinde habe derzeit keine andere Nutzungsmöglichkeit, das Gebäude solle, wie andere ungenutzte Objekte, "über kurz oder lang" veräußert werden, fasste Bürgermeister Andreas Brohm auf Volksstimme-Nachfrage zusammen.