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Affäre um Ex-Stadtrat Gebhardt Strafanzeige gegen Stendaler OB Schmotz

Die Affäre um den ehemaligen CDU-Stadtrat Holger Gebhardt weitet sich jetzt auch auf Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) aus. Gegen ihn liegt bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs und Vorteilsgewährung im Amt vor. Im Rathaus hält man dies für unbegründet.

06.12.2014, 01:07

Stendal l "Im Zusammenhang mit Wahlbetrug und Wahlfälschung taucht in den Medien immer wieder der Name Holger Gebhardt (CDU) auf. Doch die Wahl ist nicht alles. Der CDU-Filz ist viel größer", heißt es in dem Schreiben, das vor einigen Tagen bei der Stendaler Staatsanwaltschaft einging und der Volksstimme vorliegt.

"Der Oberbürgermeister hat auf Anraten von CDU-Vorstandsmitgliedern Herrn Holger Gebhardt ohne öffentliche beziehungsweise interne Stellenausschreibung rechtswidrig ohne Nachweis von Qualifikation in der Stadtverwaltung angestellt und an das ARGE-Jobcenter abgeordnet", lautet die mit offensichtlichem Insiderwissen gespickte Begründung. Der Anzeigensteller selbst will anonym bleiben, "da ich im Angestelltenverhältnis der oben genannten Arbeitgeber stehe und mit persönlichen Konsequenzen rechnen muss".

Holger Gebhardt war für vakante Stelle geeignet

In der Tat hat die Stadt im Herbst 2011 eine Stelle, die durch das altersbedingte Ausscheiden einer aus dem Rathaus abgeordneten Mitarbeiterin, die im Jobcenter tätig war, frei wurde, entgegen der überwiegend üblichen Form nicht ausgeschrieben. Stadtsprecher Klaus Ortmann begründet das auf Volksstimme-Nachfrage so: "Das Ausscheiden der Mitarbeiterin aufgrund ihrer Altersteilzeitregelung war intern allgemein bekannt. Die drei Initiativbewerbungen waren explizit auf die zu besetzende Stelle gerichtet. Insofern kann man davon ausgehen, dass der Bedarf auch extern bekannt war."

Der Verwaltungswirt Gebhardt sei dann "die Person mit der für diese Stelle am besten geeigneten Ausbildung" gewesen. Der Personalrat der Stadt habe am 13. Oktober 2011 und der des Jobcenters am 2. November 2011 zugestimmt.

Üblich ist bei der Stadt indes eine öffentliche Ausschreibung. Bei den 69 externen Einstellungen in den vergangenen drei Jahren ist dies in mehr als 80 Prozent der Fall gewesen. Die Stadt betont jedoch, dass es keine gesetzliche Ausschreibungspflicht gebe.

Arbeitsrichter verweisen aber auch auf einen Beschluss, wonach sich eine solche Ausschreibungspflicht dann ergibt, wenn eine entsprechende Praxis in der Dienststelle bestehe, "wonach regelmäßig ausgeschrieben wird", wie das Bundesverwaltungsgericht 2010 urteilte.

So hält es auch die Kreisverwaltung. Lediglich bei kurzfristigen Vertretungen durch Krankheiten und Elternzeit werde davon im Einzelfall abgewichen, heißt es aus dem Landratsamt.

Die Stadt hatte mit ihrem neuen Mitarbeiter übrigens einiges vor. So konnte der 41-Jährige bereits kürzlich einen Qualifizierungslehrgang erfolgreich absolvieren. Nach Volksstimme-Informationen war er auch für einen weiteren Verwaltungslehrgang vorgesehen, der für Führungspositionen in Ämtern ausbildet. Wie Rathaus-intern zu hören war, hat diese schnelle Schrittfolge bei Mitarbeitern, die sich hier übergangen fühlten, auch Unmut ausgelöst.

"Holger Gebhardt sollte für Höheres aufgebaut werden", sagt einer, der die inneren Strukturen bei der CDU gut kennt. Es erklärt sich daher auch, wieso Gebhardt auf ein so hohes Wahlergebnis aus war, das für den Einzug in den Stadtrat gar nicht nötig gewesen wäre. "Es sollte nach außen hin klar werden, dass er mehr als nur ein Kofferträger ist."

Straftatbestand wird geprüft

In der Tat zählte Holger Gebhardt zu den Aktivposten in der Stendaler CDU. Mit seinem Nebenjob als Sekretär der CDU-Kreistagsfraktion galt er als rechte Hand von CDU-Chef Wolfgang Kühnel. Sein Engagement zu allen Tageszeiten kostete ihn nicht zuletzt vor einigen Jahren seinen langjährigen Arbeitsplatz. Den hat er jetzt auch bei der Stadt verloren. Nach Bekanntwerden der Fälschungsvorwürfe bei der Kommunalwahl kündigte die Stadt Gebhardt Anfang November fristlos. Beide Seiten treffen sich im Januar vor dem Arbeitsgericht wieder.

Im neuen Jahr wird auch die Staatsanwaltschaft entscheiden, wie sie mit der Strafanzeige gegen den Oberbürgemeister umgeht. "Wir prüfen, ob der Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt", sagt Sprecher Thomas Kramer.