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Serie "Archivstücke erzählen Geschichte": Ein Foto mit nur zwei Worten auf der Rückseite Mit Spürsinn zum Großereignis

29.12.2014, 01:16

Das Stendaler Stadtarchiv ist nicht nur Aufbewahrungsort für Akten der Verwaltung, sondern auch eine Schatzkiste der Stadtgeschichte. Die Volksstimme öffnet diese Schatzkiste in einer Serie und stellt mit Hilfe von Archivleiterin Simone Habendorf neu aufgenommene Stücke und Dokumente vor. Heute: Das Foto eines Handwerkerumzuges.

Von Nora Knappe

Stendal l Ein Foto - darauf festlich gekleidete Herren, die in langem, formiertem Zug durch eine Straße ziehen. Begleitet von einigen Kindern und beobachtet und begrüßt von Schaulustigen vor Häusern und Geschäften. Auf der Rückseite des Fotos lediglich der Vermerk "Helmboldt Schlossermeister". Mehr Informationen hatte Stadtarchivleiterin Simone Habendorf nicht, als ihr am 10. November dieses Jahres Peter Voss das nebenstehende Foto fürs Archiv schenkte.

Aber genau dieser Hinweis auf der Rückseite war für Simone Habendorf schon ausreichend, um doch eine ganze Menge herauszufinden. Ihr beruflicher Spürsinn und ihre jahrelange Erfahrung als Archivarin führten sie zu den richtigen Dokumenten, um mehr zu erfahren. Zunächst einmal fand sie im Adressbuch von 1927/28 den Eintrag "Hermann Helmboldt, Breite Straße 86". Und es gab die Vermutung, dass Schlossermeister Helmboldt "einer der vorderen älteren Herren" sein soll.

Für die zeitliche Einordnung der Aufnahme schlussfolgerte Habendorf wie folgt: "Zum Stadtfest im Juni 1925 war die Breite Straße gepflastert und auf dem Foto ist sie nach damaligen Begriff asphaltiert, man sieht eine dünne, glatte auf das Pflaster gegossene Schicht. Und diese Arbeiten waren vor 1930 erfolgt." 1930 war zudem das Jahr, in dem in Stendal der Mitteldeutsche Handwerkertag stattfand, allerdings ohne Aufmarsch. Das war für die Archivleiterin ein weiterer Anhaltspunkt: "Zum Handwerkertag 1930 erwähnt die Zeitung den Handwerkertag im Mai 1928 und so fand ich den Handwerkerumzug vom 7. Mai 1928."

Aus den Berichten der Altmärkischen Tageszeitung hat Habendorf dann einige Passagen für die Volksstimme herausgesucht.

4. Mai 1928: "Der Aufmarsch erfolgt nicht nach Orten, sondern nach fachlicher Gruppierung/Handwerkszweigen, also Stendaler Friseure mit Magdeburger Friseuren usw. Der erste Platz ist nach alter Tradition den Fleischern eingeräumt, gefolgt von einem Tambourscorps des Infanteriervereins, denen sich die erste Kapelle anschließt. Es folgen Vertreter der Handwerkskammer Magdeburg, des Mitteldeutschen Handwerkerbundes in Erfurt und des Landesverbandes Magdeburg, der Innungsausschüsse, der Kreisverbände. Der Schornsteinfegerobermeister und Branddirektor Finke ist für die genaue Aufstellung verantwortlich."

5. Mai 1928: "Auf Einladung der Schlossermeister Helmboldt und Hafmann hielten die Vertreter des Schlosserhandwerks von Stendal eine Besprechung ab (und)beschlossen mit Meistern, Gesellen und Lehrlingen sich am Umzug zu beteiligen."

7. Mai 1928: "Der Handwerkerzug wird heute Mittag um 2 Uhr auf dem Mönchskirchhof aufgestellt und soll um 2.30 Uhr abmarschieren. Der Zug geht durch die Frommhagenstraße, Bahnhofstraße, Nicolaistraße, Grabenstraße, Schadewachten, Breite Straße, Marienkirchstraße, Markt, Kornmarkt, Breite Straße, Bismarckstraße zur Ausstellungshalle. (Sporthalle Haferbreiter Weg)."