1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Eine schrecklich strenge Familie

Premiere der "Buddenbrooks" am Sonnabend am TdA in Stendal Eine schrecklich strenge Familie

Von Nora Knappe 28.01.2015, 02:01

Eine Familie des 19. Jahrhunderts betritt am Sonnabend die Theaterbühne des 21. Jahrhunderts. Am TdA haben die "Buddenbrooks" Premiere. Dramaturgin Cordula Jung sieht in dieser alten Geschichte viel Gemeinsames mit der heutigen Zeit: Konflikte, die es seit eh und je gab und wohl immer geben wird.

Stendal l Keine Bange: Man muss die "Buddenbrooks" von Thomas Mann nicht gelesen haben, um das Theaterstück zu verstehen. Das verspricht Cordula Jung, die die Bühnenfassung des Romans von 1901 am Theater der Altmark inszeniert. Am kommenden Sonnabend ist Premiere. Allerdings muss, wer sich bisher nicht an die 758 Seiten der Romanausgabe im Fischer-Verlag gewagt hat, auch für die Bühnenversion etwas Durchhaltevermögen mitbringen: Drei Stunden dauert das Stück - mit Pause natürlich.

Aber diese drei Stunden sind das Äußerste, was reduzierend und einkürzend machbar war, um dennoch das Wesentliche der Buddenbrooks zu erhalten. "John von Düffel hat es für die Bühnenfassung sehr stark komprimiert", sagt Dramaturgin Cordula Jung. "Es steckt noch sehr viel vom Buch in dem Stück, sehr viel Thomas Mann. Aber es ist reduziert auf die Geschichte der Kernfamilie, also den Konsul, die Konsulin und deren drei Kinder Thomas, Christian und Tony." Diese Reduzierung mache es leichter, die Geschichte und den Grundkonflikt nachzuvollziehen, "weil es dadurch nicht so viele Handlungsstränge gibt".

"Ein Problem unserer Leistungsgesellschaft."

Dieser Grundkonflikt ist denn auch genau das, was die Dramaturgin an dem Stück reizt: "Der Widerstreit zwischen Pflichterfüllung und persönlicher Freiheit ist heute immer noch aktuell, das kennt jeder, der in Familienstrukturen steckt. Pflicht ist ja nicht nur das, was uns aufgedrückt wird, sondern auch das, was wir für unsere Pflicht halten. Dieses `Du musst leisten, arbeiten, beten, sparen...` im Roman ist ein grundlegendes Problem unserer Leistungsgesellschaft."

Der Roman, der die Zeit und Gesellschaftsordnung des 19. Jahrhunderts beleuchtet, ist darum für die Stendaler Dramaturgin eine "Parabel auf das heutige Wertesystem": "Da geht es dann nur noch ums Prinzip, und die Menschen werden aus dem Blick verloren."

Die Vorlage von John von Düffel wurde schon von vielen Theatern umgesetzt. Abwandlungen durch die Dramaturgen sind natürlich erlaubt und je nach Gestaltungswille und Umsetzbarkeit auch zwangsläufig. Auch für die Inszenierung am TdA wurde ein bisschen gestrichen und ein bisschen geändert. "Die größte Herausforderung war für uns, dass die Geschichte zu Teilen anhand von Briefen erzählt wird. Zum Beispiel wenn eine Figur gerade an einem anderen Ort ist. Für uns war die Frage: Wie setzen wir das um, den Text nur zu lesen, wäre nicht so spannend. Also mussten wir Bilder finden, wie wir das Brieflesen szenisch umsetzen. Da haben wir eine schöne Lösung gefunden."

Klassiker, die noch hundert Jahre oder länger nach ihrer Uraufführung immer wieder gespielt werden, werden oftmals zwangsweise modernisierend ins Heute geholt. Wer Angst davor hat, kann sich bei den Stendaler Buddenbrooks entspannen: Es ist ein Stück des klassischen Sprechtheaters mit historischen Kostümen. "Die Geschichte spricht für sich, da haben wir keine Notwendigkeit gesehen, es übertrieben ins Heute zu transportieren", sagt Jung. Abgesehen davon, dass die Sprache trotz eines gehobenen Tons gut verständlich ist, leicht dem heutigen Sprechen angepasst wurde. "Wer Lust hat, sich darauf einzulassen und geduldig im Zuhören ist, wird auch Freude an dem Stück haben", verspricht Jung. "Zumal es auch eine großartige Leistung der Schauspieler ist."

"Man kann sich mit dem Herzen drauf einlassen."

Die "Buddenbrooks" auf der Stendaler Bühne sind Hannes Liebmann (Konsul), Angelika Hofstetter (Konsulin), Volker Wackermann (Thomas), Michael Putschli (Christian) und Michaela Maxi Schulz (Tony). Sie verleihen dem Romanstoff Leben, lassen die Figuren plastisch werden. Nach dem Vorteil des Theaterstücks dem Buch gegenüber gefragt, liegt die Antwort für die Dramaturgin also auf der Hand: "Man hat die Menschen dazu, Gesichter, einen bestimmten Tonfall. Das macht den Text nicht nur verständlicher, eingängiger und belebter, sondern man kann sich auch eher mit dem Herzen darauf einlassen. Es ist ja ein sehr emotionaler Stoff."

Premiere für die "Buddenbrooks" am TdA ist am Sonnabend, 31. Januar, um 19.30 Uhr. Karten unter Tel. 03931/635777. Weitere Vorstellungen: 7. Februar, 4. April, 22. Mai.