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Burmeister-Prozess in Stendal "Er sollte es ein bisschen nett machen"

Der Weinkeller ist das große Geheimnis in der Zentrale der Stendaler
Sparkasse. Keiner nutzte ihn, kaum einer wusste davon, und den Nutzen
der mehr als 80000 Euro teuren Investition kann keiner so richtig
erklären.

23.04.2015, 01:22

Stendal l Mehr als ein Dutzend Tage hat Dieter Burmeister seit rund einem Jahr in verschiedenen Verfahren bereits im Landgericht Platz genommen. Zu Wort meldet er sich eher selten. Gestern Vormittag jedoch äußert sich der langjährige ehemalige Vorstandschef der Stendaler Kreissparkasse beim Thema Weinkeller so häufig wie nie zuvor.

"Ich habe den Raum nie privat oder geschäftlich genutzt. Hauptzweck war die Lagerung des Weins für Kundengeschenke." Er selbst habe nur einmal zum Einstand dorthin einen kleinen Kreis der Sparkassen-Führungsriege eingeladen.

"Eine Deckenbemalung ist aber doch etwas ungewöhnlich für ein Weinlager", wirft die Vorsitzende Richterin Haide Sonneberg ein.

Burmeister: "Es war der Geschmack von Herrn U. Er sollte es ein bisschen nett machen. Das entspricht auch nicht meinem Geschmack."

Sein Anwalt Gerald Zimmer springt ihm bei: "Das war schon die Intention, dort besondere Kunden zu empfangen."

Sonnenberg (streng schauend): "Es ist dort aber nie ein Kunde empfangen worden."

Burmeister: "Von mir ist dort nie ein Kunde empfangen worden. Ich habe dort auch kein Fußballspiel geguckt."

Burmeister: "Das ist unglücklich gelaufen"

Die Richtern zitiert aus den Akten, wie kompliziert und unansehnlich der Weg ist, bis man auf den Terrakotta-Fliesen unter der Pegasus- und Wölkchen-Malerei steht. Sonnenberg: "Spätestens wenn man dort angekommen ist...", "... ist einem der Appetit vergangen", vollendet Sparkassen-Anwalt Bernhard Steinkühler.

Burmeister räumt ein, dass das Vorhaben "etwas vernachlässigt" worden sei: "Das ist unglücklich gelaufen." Bei einem Marketing-Jahresetat von 500000 Euro für Spenden und Sponsoring fielen 200 mal sechs Euro für Weinflaschen indes nicht groß ins Gewicht. "Schauen Sie doch mal, was andere Banken machen." Ob ihn denn die Baukosten von mehr als 80000 Euro nicht doch etwas erschreckt haben, will Sonnenberg noch von ihm wissen. "Ja", räumt er ein.

Durch mehrere Zeugen ergibt sich am gestrigen Tag ein Bild, dem Burmeister und sein Anwalt dann auch nicht widersprechen: Beschlüsse für die Einrichtung dieser Art Weinbar hat es keine gegeben. Im Vorstand wurde das Projekt 2009 erst bekannt, als es fast fertig war. Vertriebs- und Marketingabteilung, die den Raum für Kundenveranstaltungen hätten nutzen können, wussten davon nichts. Zudem fehlte ein Konzept für eine Nutzung. Überhaupt sei der Raum ein großes Geheimnis gewesen. Der Sparkassen-Justitiar etwa bekennt, erst aus der Volksstimme von der Existenz des Weinkellers erfahren zu haben.

Die deutlichsten Worte findet am gestrigen Tag Vorstands-Verhinderungsvertreter Markus Gutmann: "Das ist kein Weinkeller." Wein vertrage "keine Gesellschaft, kein Licht, keinen Zug und keine Wärme", betont der Hobby-Winzer. Die Klimaanlage im Raum sei "für Menschen". Er erwähnt auch "ein Missverhältnis": "400 Euro Lagerkosten sind ein bisschen viel für eine Flasche Wein", spielt er auf die Baukosten an.

"Nicht so einladend", findet Richterin Sonnenberg jedenfalls diese Location. "Die Geschmäcker sind verschieden", erwidert Burmeister. Sonnenberg trocken: "Keller bleibt Keller."