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Tangerhütter Freibad Neue Farbe für 80-Jährige

Mit gleichmäßigen Bewegungen und einer dicken Schicht "lichtblauer"
Chlor-Kautschuk-Farbe streicht Thomas Höink, Fachangestellter für
Bäderbetrieb (Schwimmmeister) im Tangerhütter Freibad, den
Nichtschwimmerbereich. Für neuen Schick und Sicherheit sorgt er so im
80. Jahr des Bestehens der "Badeanstalt" am Horstweg.

Von Birgit Schulze 24.04.2015, 03:22

Tangerhütte l Die alten Fliesen aus den 70er Jahren haben sich im Nichtschwimmerbereich Jahr für Jahr mehr gelöst. Im tieferen Becken, wo auch im Winter ein Teil des Wassers stehen bleibt, sind Frostschäden wie diese nicht ganz so schlimm. Nach der vergangenen Saison sei nach und nach mit der Sanierung des Nichtschwimmerbereiches begonnen worden, berichtet Ortsbürgermeister Gerhard Borstell. Und das ohne größere Kosten zu verursachen. Denn Schwimmmeister Thomas Höink selbst hat "Schippe für Schippe" die losen Fliesen abgetragen.

Beim Lösen, Wiederaufbau und Versiegeln des alten Betonbodens bekam er Unterstützung von der Tangerhütter "Hausmeisterbrigade", wie er spaßhaft erzählt. Die beiden Hausmeister der örtlichen Kindertagesstätten und der Grundschule packten gerne mit an - manchmal über die offizielle Arbeitszeit hinweg, wenn es nötig war. Durch diese Form der Eigenleistung blieb die Erneuerung im Kostenrahmen.

Dass sie notwendig war, daran bestehe kein Zweifel, so Borstell. Er spricht von scharfen Kanten durch hochgekommene Fliesen und den wiederkehrenden Reparaturbedarf. Der Boden des Tangerhütter Freibades ist so alt wie die Anlage, die 1935 eingeweiht worden sein soll - genauer gesagt am 11. August, wie Borstell berichtet. Im August soll deshalb auch das 80-jährige Bestehen gefeiert werden. Der genaue Ablauf stehe noch nicht fest, mit Kulturhausleiter Sven Biermann sei er dabei, Pläne zu schmieden, sagt Thomas Höink.

Er selbst ist seit 1997 im Tangerhütter Freibad. Damals war es gerade umgebaut worden, hatte ein Kleinkindbecken mit eigener Wasseraufbereitung hinzubekommen, das erst 2014 eine neue Folienauskleidung erhalten hatte. Stück für Stück wird das Tangerhütter Bad immer wieder in Schuss gehalten. Und wenn im August das Jubiläum gefeiert wird, dann werden ganz sicher auch alte Geschichten erzählt.

Die Badesaison beginnt am 16. Mai

So wie die vom Knall in der ersten Nacht nach dem Befüllen. Die neugebaute Sprunggrube war damals über Nacht gerissen und musste gleich wieder repariert werden. Doch auch von einer Fußabspülrinne rund ums Becken oder von den Umkleidekabinen, die zwar bis heute stehen, damals aber noch Durchreichen zum säuberlichen Aufhängen der Bekleidung in einer Garderobe hatten, können alte Tangerhütter noch erzählen. Zu ihnen gehört auch Helmut Deutsch, der auch Gerhard Borstell von seinen Erlebnissen als Schwimmmeister im Freibad berichtete.

Damals kam das Wasser noch aus dem Tanger und wurde innerhalb weniger Tage grün. Doch auch das tat dem Badespaß keinen Abbruch. Beliebt ist das Freibad bis heute vor allem bei den Jüngeren. Und die können ab Sonnabend, 16. Mai, wieder ins kühle Nass am Horstweg eintauchen. Dann öffnet das Freibad täglich von 11 bis 18 Uhr, bei gutem Wetter auch bis 19 Uhr. Seniorenschwimmen wird um 10 Uhr angeboten und in den Sommerferien darf von 11 bis 20 Uhr gebadet werden.

Helmut Deutsch konnte auch noch vom "Fünfer" berichten, der Sprungturm wurde später Meter zurückgebaut, heute kann man vom "Einer" oder vom "Dreier" springen. Und davon, dass Rettungsschwimmer ausgebildet und viele Menschen im Freibad von der Garderobe bis zur Gaststätte beschäftigt waren. In den 50er und 60er Jahren war das - Zeiten, in denen bis zu 300 Menschen zeitgleich im Wasser waren, als Hunderte Werktätige direkt nach der Arbeit ins Freibad strömten.

Nicht nur die vielen Arbeitsplätze, auch die Einwohnerzahlen gibt es heute in dieser Form nicht mehr. Dafür einen Ortsbürgermeister (und Stadtratsvorsitzenden), der selbst mit anpackt: Nachdem er sich vom Fortschritt der Arbeiten im Becken ein Bild gemacht hat, wappnet sich Gerhard Borstell mit einer großen Ziehhacke, um Maulwurfshügel auf der Liegewiese des Freibades einzuebnen. Er zuckt die Schultern und findet das ganz normal. So ist das eben in einer Kleinstadt, da packt man eben mit an.