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Prozess gegen zwei Vietnamesen in Stendal eröffnet "Gärtner" für Cannabis schweigen

09.05.2015, 01:28

Von Wolfgang Biermann

Stendal l Zwei Männer, 46 und 26 Jahre alt, stehen seit gestern vor dem Landgericht in Stendal. Die Staatsanwaltschaft wirft den gebürtigen Vietnamesen "Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" vor.

Am 16. Januar dieses Jahres waren sie bei einer spektakulären Aktion in einer als professionell bezeichneten Indooranlage zum Cannabisanbau im Hohen Weg in Stendal von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei festgenommen worden. Die Ermittler fanden, so steht es auch in der von Staatsanwalt Bernd Blasczyk verlesenen Anklage, in einem zeitweise von der Telekom genutzten und jetzt leerstehenden Gebäude im Gewerbegebiet Süd-Ost insgesamt 2280 Cannabispflanzen in Wuchshöhen von 10 bis 25 Zentimeter. Laut Anklage betrug der Wirkstoffgehalt an reinem Tetrahydrocannabinol (THC) bei den aufgefundenen, noch nicht erntereifen Pflanzen 27,9 Gramm.

Der Grenzwert der nicht geringen Menge liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) bei einem THC-Gehalt von 7,5 Gramm. Vom Gesetz ist die nicht geringe Menge nicht eindeutig definiert. Hätten die Pflanzen die Erntereife erreicht, geht die Anklagebehörde von 2,7 bis 4,4 Kilogramm an reinem THC aus.

Staatsanwalt lehnt Gespräch zu Deal ab

Für Staatsanwalt Blasczyk ist klar, dass mit den beiden Vietnamesen nicht die Hauptakteure auf der Anklagebank sitzen. Darum seien sie auch nur der Mittäterschaft angeklagt. Wobei die Straferwartung für Beihilfe wie bei Haupttätern zwischen einem und 15 Jahren Freiheitsstrafe liege. Zu den Hintermännern hätten sich die beiden Angeklagten im Ermittlungsverfahren nicht geäußert. Die Staatsanwaltschaft vermutet in ihnen nur die "Gärtner" zur Aufzucht, Pflege und Ernte der Cannabis-Pflanzen.

Ein Angebot zu einem Rechtsgespräch der beiden Verteidiger mit dem Ziel eines möglichen Deals, lehnte Staatsanwalt Blasczyk kategorisch ab: "Der BGH mag diese Absprachen nicht." Er habe "keine Lust, das Verfahren am Ende noch einmal neu aufzurollen", weil sich ein Angeklagter nicht an gemachte Absprachen halte oder der Bundesgerichtshof prozessuale Mängel beim Deal feststelle. Daraufhin erklärten beide Verteidiger, dass ihre Mandanten "vorerst keine Einlassung" abgeben würden.

Die 1. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Simone Henze-von Staden stellte für den ersten Fortsetzungstermin am 28. Mai eine Vorschau über eine "Größenordnung" zur möglichen Straferwartung in Aussicht. Sechs Prozesstage sind insgesamt angesetzt. Nach derzeitigem Stand wird für den 30. Juni das Urteil erwartet.