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35-Jähriger wegen Vortäuschens einer Straftat verurteilt Mann zeigt Raub an, den es nie gab

09.06.2015, 01:23

Von Wolfgang Biermann

Stendal l Das Amtsgericht hat in der Vorwoche einen vielfach vorbestraften Stendaler wegen Vortäuschens einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und diese Strafe für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Der 35-Jährige war am Nachmittag des 29. Dezember vorigen Jahres bei der Polizei am Uchtewall aufgetaucht, um Anzeige zu erstatten. Er wäre auf der Wahrburger Brücke von einem schwarz gekleideten Unbekannten ausgeraubt worden. Dieser hätte ihm, selbst ein Hüne von gut 1,90 Meter Körperlänge, einen Rucksack mit diversen Gegenständen, 150 Euro Bargeld und Personalausweis weggenommen und sei mit dem Fahrrad entkommen. So stand es auch im Polizeibericht am 31. Dezember in der Volksstimme.

"Das stimmte nicht. Ich weiß nicht, was mich da geritten hat. Es tut mir leid", gab der Angeklagte jetzt vor Gericht an. Das habe er auch schon wenige Tage nach dem angeblichen Raub freiwillig bei der Polizei richtiggestellt. An jenem Tag habe er 175 Euro, wovon er den Lebensunterhalt für zwei Wochen bestreiten sollte, beim Job-Center abgeholt. Weil er seit Jahren spielsüchtig sei, habe er aber nicht an einer Spielhalle vorbeigehen können und habe das ganze Geld verzockt. "Der Automat hat gewonnen."

Reuebekenntnis stimmt Anklage und Richter milde

Eigentlich hätte er vorgehabt, beim Job-Center vorzusprechen, um noch mal Geld zu bekommen. Dass er diese "naive Vorstellung nicht in die Tat umgesetzt" hat, honorierten Staatsanwältin und Richter strafmildernd. Einen Schaden hat es somit nicht gegeben. Gleichwohl sei das Vortäuschen einer Straftat eine ebensolche. Und die werde mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet. "Die Polizei hat schließlich was anderes zu tun, als nicht begangenen Straftaten nachzugehen", hieß es im Plädoyer der Staatsanwältin.

Indes hatte der Angeklagte sowohl die Anklagevertreterin als auch den Strafrichter mit seinem Reuebekenntnis offensichtlich milde gestimmt. Der 35-Jährige gab an, dass er seinen Hauptschulabschluss nachholen und eine Ausbildung zum Lagerarbeiter beginnen wolle. Und er will seine Süchte, wozu auch Alkohol gehört, in den Griff bekommen. Sein Mandant werde am 16. Juni freiwillig eine Suchttherapie aufnehmen, bestätigte sein Verteidiger.

Und auch wenn die 19 Einträge im Strafregister "die gesamte Bandbreite des Strafgesetzbuches" beinhalten, könne es mit einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten sein Bewenden haben, sagte die Staatsanwältin. "Die Vorzeichen stehen gut", hieß es denn auch im Urteil.