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Doppeldecker-Treffen in Stendal Kiebitze steuern Borstel an

Am Wochenende findet auf dem Flugplatz Borstel ein Treffen von Kiebitz-Doppeldeckern statt. Angemeldet haben sich mehr als 30 Piloten mit ihren "tollkühnen Kisten". Als besondere Attraktion ist ein Formationsflug geplant, der auch über Havelberg gehen soll.

Von Donald Lyko 03.07.2015, 03:03

Stendal l Seit Hans Bertram als Dreijähriger seinen Großvater gefragt hatte, was das denn für Vögel da am Himmel seien, und erfuhr, dass es keine Vögel, sondern Flugzeuge sind, faszinieren ihn die Maschinen. Jahrzehnte hat es aber gedauert, bis er sich mit 65 Jahren sein eigenes Flugzeug kaufen konnte. Heute ist der Wolfsburger, der im Bördedorf Ostingersleben geboren wurde, 83Jahre alt und Besitzer unter anderem eines Doppeldeckers vom Typ Kiebitz. Und er ist nicht nur Mitglied im Braunschweiger Fliegerklub, sondern seit 14 Jahren auch im Aero-Club Stendal. "Die Kameradschaft hier hat mir von Anfang an gefallen", sagt der Wolfsburger, der für sein Engagement bei der Ost-West-Annäherung von Piloten mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

"Man ist unmittelbar mit der Natur in Verbindung"

Und auch vom Flugplatz Stendal-Borstel kann er nur schwärmen. Hier gibt es eine Gaststätte, eine Tankstelle, Hangars zum Unterstellen der Flieger, falls es gewittert, einen Campingplatz mit Sanitäranlagen (Bertram: "Doppeldecker-Flieger sind Abenteurer"), und es gibt neben der asphaltierten Landebahn auch eine Rasenpiste. "Die ist gut für die Landung, die beim Doppeldecker nicht immer leicht ist", erklärt Hans Bertram. Er habe schon viele Einladungen bekommen und wahrgenommen, sagt der 83-Jährige, "aber kein anderer Platz bietet die Stendaler Gegebenheiten".

Seit vielen Jahren nimmt Hans Bertram an Kiebitz-Doppeldecker-Treffen teil. Viele Jahre trafen sich die Gleichgesinnten - es ist kein Verein, sondern eine Interessengemeinschaft - in Riesa. Als es dort vorbei war, hatte der Wolfsburger schon im Jahr 2009 ein solches Treffen in Stendal organisiert. An diesem Wochenende folgt ein zweites. Die ersten Maschinen werden heute anreisen, morgen kommen viele weitere. "Bisher haben wir 34 Anmeldungen. Bei gutem Wetter werden es vermutlich sogar noch mehr Teilnehmer werden", sagt Mitorganisator Thomas Wojtalla, ebenfalls Mitglied im Stendaler Aero-Club.

Höhepunkt des Treffens - Flieger sprechen bei den Zusammenkünften von Fly-Ins - soll ein Formationsflug werden. Der Start ist für Sonnabend, 4. Juli, gegen 16.30 Uhr geplant. Immer drei Doppeldecker nebeneinander gehen gemeinsam in die Luft, bis die Formation steht. In dieser ist ein Flug über die Buga-Stadt Havelberg geplant (gegen 17Uhr). Nach einer Stunde in der Luft landen die Kiebitze wieder auf dem Borsteler Platz.

"Dann bleiben alle Piloten eine halbe Stunde bei ihren Maschinen, um Fragen der Besucher zu beantworten", sagt Hans Bertram. Einige der Piloten bieten sicher auch Gästeflüge an, danach kann vor Ort gefragt werden. Am Sonntag reisen die Teilnehmer des Treffens dann wieder ab.

Wenn er über das Fliegen im Doppeldecker spricht, hört man die Begeisterung Hans Bertrams heraus: "Wer einmal durch die Flügel die Landschaft gesehen hat, steigt in kein anderes Flugzeug mehr ein. Man ist unmittelbar mit der Natur in Verbindung." Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 140 Stundenkilometern.

"Kein Kiebitz ist wie der andere"

Etwa 150 Kiebitz-Maschinen - Doppeldecker in ultraleichter Bauweise - sind derzeit in Deutschland zugelassen, weitere 30 werden gebaut. Filme wie "Die Männer in ihren tollkühnen Kisten" oder Piloten wie Manfred von Richthofen, der "Rote Baron", haben die Doppeldecker bekannt gemacht. Doch weil die Originale selten geworden und eher im Museum als am Himmel zu sehen sind, waren moderne Alternativen gefragt: Mit den Kiebitz-Doppeldeckern wurden sie gefunden. Die Fangemeinde wächst, denn immer mehr Piloten begeistern sich für diesen Ursprung der Fliegerei.

Bevor der Pilot starten kann, muss er aber erst einmal ordentlich Arbeit in den Flieger investieren - zwischen 2000 und 3000 Stunden stecken in einer Kiebitz, die aus ihren Einzelteilen zusammengebaut werden muss. "Keine Kiebitz ist wie die andere", erklärt Hans Bertram. So gebe es zum Beispiel allein vier Motoren zur Auswahl. Aber auch die Farbgebung und andere technische Details sorgen für die Individualität. Sein Kiebitz-Doppeldecker ist dadurch leicht zu erkennen - an einer Erdbeere. Weil er früher beruflich im Erdbeer-Anbau tätig war, hat er diesen "Fliegernamen" von den Pilotenkollegen bekommen.