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Urteil Bewährung trotz neuer Straftaten

28.08.2015, 18:57

Stendal l Das Amtsgericht hat am gestrigen Freitag einen 47-jährigen Rolandstädter wegen Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen unter Einbeziehung einer Vorstrafe zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und die Strafe für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem verhängte das Gericht eine Sperre von vier Jahren bis zur möglichen Wiedererlangung der Fahrerlaubnis.

Das Gericht war mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf eine "allerletzte Chance" gefolgt. Der Strafrichter hat es als erwiesen angesehen, dass der 17-fach (davon einmal noch nicht rechtskräftig) vorbestrafte, zur Tatzeit bereits zweifach unter Bewährung stehende Angeklagte im Januar und Februar dreimal im Stendaler Stadtgebiet erheblich alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis mit einem VW Polo unterwegs war. Zweimal hatte er dabei laut Aussage von Polizeibeamten eine Flasche Bier in der Hand. Er trinke 24 Stunden am Tag Bier, so auch beim Autofahren, hatte er erklärt. "Er braucht das Bier wie der Motor das Benzin", sagte Staatsanwalt Thomas Kramer in seinem Plädoyer. 1,2 bis 2,9 Promille hatten Blutalkoholkontrollen ergeben. Eine Rechtsmedizinerin verneinte alkoholbedingte Verminderung der Schuldfähigkeit, Staatsanwalt, Verteidiger und Gericht hielten sie zumindest in einem Fall (2,9 Promille) für nicht ausgeschlossen.

Jobcenter bietet Wiedereingliederung an

Was das Pendel letztlich doch für eine Bewährungsstrafe ausschlagen ließ? Seit 20 Jahren trinkt der 47-Jährige und bezeichnet sich selbst als alkoholkrank. Zweimal war er im Maßregelvollzug zur Therapie. Er brauche Druck, sagte er. Im April sei er freiwillig zur Entgiftung gewesen und habe ab Mai eine mehrwöchige Therapie absolviert. Seit Juni sei er clean.

Das Jobcenter habe ihm eine Wiedereingliederung angeboten, mit paralleler ambulanter Langzeittherapie. Angesichts dessen hielt die Rechtsmedizinerin die gegenwärtigen Therapiepläne aus medizinischer Sicht für "sinnvoller, als ihn in der Maßregel unterzubringen". Das überzeugte letztlich auch Staatsanwalt und Gericht.

Nächste Woche wieder ein Berufungsprozess

Gleichwohl hieß es in der Urteilsbegründung: "Der Angeklagte stellt für die Allgemeinheit in Stendal eine erhebliche konkrete Gefahr dar." Und die sei nur mit einer Freiheitsstrafe zu ahnden. Breche der Angeklagte die Therapie grundlos ab, müsse er ins Gefängnis. "Und zwar richtig lange." Eine weitere Anklage wegen Körperverletzung wurde eingestellt, weil jeder der fünf Zeugen, einschließlich des Opfers, andere, unterschiedliche Versionen vom Tathergang aufgetischt hatte. In der kommenden Woche wartet auf den 47-Jährigen noch ein Berufungsprozess am Landgericht.