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Altmärkische Anwaltsvereinigung weiht Anwaltszimmer ein / Justizministerin Kolb dabei An Dr. Charig sollen künftig zwei Stolpersteine erinnern

Von Reinhard Opitz 11.02.2011, 04:29

Wie seit Jahren im Landgericht haben die Anwälte seit gestern auch im Justizzentrum Albrecht der Bär eine Art Heimstatt: ein Anwaltszimmer, in dem sie Verhandlungspausen verbringen oder in das sie sich mit ihren Mandanten zur Beratung zurückziehen können. Zur Einweihung kam gestern sogar Justizministerin Angela Kolb nach Stendal.

Stendal. Das schrille Pop-Art-Gemälde "Die lachenden Dritten" des Berliner Malers Jim Avignon, das die Stirnseite des Zimmers Nummer 221 im Amtsgerichtsgebäude beherrscht, dürfte den pausierenden und sich erholenden Anwälten künftig allerhand Stoff für Deutungen liefern. Damit sei die Gestaltung des Anwaltszimmers aber noch nicht abgeschlossen, erzählte Dr. Thomas Doms, Vorsitzender Altmärkischen Anwaltsvereinigung (AAV), gestern Justizministerin Prof. Dr. Angela Kolb (SPD). Demnächst würden noch vergrößerte historische Postkarten aus der Altmark aufgehängt.

Solche Reproduktionen zieren auch im Landgericht die Wände des dortigen, schon seit 1995 existierenden Anwaltszimmers. Sowohl Doms als auch Landgerichtspräsident Dr. Dieter Remus werteten die Existenz dieser Domizile als Zeichen des guten Umgangs der verschiedenen Organe der Rechtspflege miteinander.

Das Zimmer in der zweiten Etage des Amtsgerichtsgebäudes soll den Anwälten als Aufenthaltsraum in den Verhandlungspausen oder zwischen zwei Verhandlungen dienen, kann aber auch mal dazu benutzt werden, sich mit seinem Mandanten zu einer Beratung zurückzuziehen. "Auf den Fluren herumzusitzen, die gegnerische Partei mit langen Ohren nur zehn Meter entfernt – das ist eine wenig erfreuliche Situation", beschrieb der AAV-Vorsitzende die Lage an Gerichten ohne Anwaltszimmer.

Doms stellte der Justizministerin die 55 Mitglieder zählende Altmärkische Anwaltsvereinigung vor. Obwohl erst 1992 gegründet, berufe sich der Verein auf eine mehr als 90-jährige Tradition, sagt er. Denn bereits im Jahr 1919 sei der erste Anwaltsverein in der Altmark aus der Taufe gehoben worden.

Die AAV verstehe sich als Mittler zwischen den örtlichen Anwälten und der Justiz. So könnten häufig Probleme mit Gesprächen, "ohne Dienstaufsichtsbeschwerden", aus der Welt geschafft werden, sagte Thomas Doms, dessen Kanzlei Büros in Stendal und Celle unterhält.

Neben dieser Mittlerrolle sei die Fortbildung der Mitglieder eine wesentliche Zielsetzung der AAV. Da ihr vor allem kleine Büros angehören, die in der Woche kaum auf Mitarbeiter verzichten können, bietet der Verein vier- bis sechsmal im Jahr immer sonnabends Fortbildungsveranstaltungen an, die von der AAV auch mitfinanziert werden.

Die Justizministerin würdigte den Beitrag der Anwaltschaft zur Wanderausstellung "Justiz im Nationalssozialismus", die 2009 im Stendaler Landgericht zu sehen war. Als im Oktober 2010 die Ausstellung "Anwalt ohne Recht" über Schicksale jüdischer Anwälte im Dritten Reich im Landgericht eröffnet wurde, erfuhr die AAV, dass der 2006 gesetzte Stolperstein für den im Warschauer Ghetto umgekommenen Stendaler Anwalt Dr. Julius Charig gestohlen sei. Inzwischen hat der Verein zwei neue Stolpersteine für Charig finanziert, die im Sommer dieses Jahres ins Pflaster gesetzt werden sollen: einer in der Grabenstraße vor dem Wohnhaus von Julius Charig, einer in der Karlstraße, wo der Anwalt seine Kanzlei hatte.