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Vortrag von Dr. Eberhard Kemnitz im Stadtarchiv beleuchtet besonders fruchtbare Periode der Geschichte Als die böhmischen Luxemburger hier herrschten

Von Reinhard Opitz 24.02.2011, 16:51

Stendal. Sie waren ein Segen für Handel und Wandel ebenso wie für die Künste in der Markgrafschaft Brandenburg und in der aufstrebenden Stadt Stendal: die 42 Jahre unter der Herrschaft des Geschlechts der Luxemburger, die Könige von Böhmen waren. Was im Jahre 1373 mit der Übernahme der Mark Brandenburg durch Karl IV. von den hoch verschuldeten Wittelsbachern begann und 1415 endete, als Friedrich VI. von Hohenzollern Markgraf und Kurfürst von Brandenburg wurde, beschrieb der Stendaler Dr. Eberhard Kemnitz am Dienstagabend auf ebenso kenntnisreiche wie unterhaltsame Weise vor einem zahlreichen Publikum im Stadtarchiv.

Stendal, die Altmark und Brandenburg unter der böhmischen Krone - häufig wird diese fruchtbare Periode der mittelalterlichen Geschichte nicht gerade beleuchtet. Kemnitz, der im Freundeskreis deutsch-tschechischer Verständigung tätig ist, hat sich intensiv damit beschäftigt und für seine Forschungen aus den reichen Beständen des Stendaler Stadtarchivs geschöpft.

Karl IV., böhmischer König und römisch-deutscher Kaiser, ritt 1373 in die Burg Tangermünde ein und machte seinen Sohn Wenzel zum Markgrafen. Bald darauf bestätigte er der Stadt Stendal ihre Rechte und Privilegien, und Stendal wie viele andere Städte in Mark und Altmark schworen Wenzel und der böhmischen Krone die ewige Treue. Die Luxemburger, so Eberhard Kemnitz, beherrschten damit ein Viertel des deutschen Reichsgebiets - neben dem Kernland Böhmen unter anderem auch Mähren, Schlesien und die Oberpfalz bis kurz vor Nürnberg.

Der Mark Brandenburg brachte ihre Herrschaft wirtschaftlichen Aufschwung und politische Stabilität. Karl löste zahlreiche Güter wieder ein, die von den Wittelsbachern verpfändet, also zu Geld gemacht worden waren. Seine bedeutendste juristische Hinterlassenschaft ist das von ihm angelegte Landbuch, auf dessen Grundlage bis ins 19. Jahrhundert hinein Steuern erhoben wurden.

Bis heute lässt sich dem Einfluss auf die hiesigen Künste nachspüren. Der Lettner im Havelberger Dom und der böhmische Altar im Dom zu Brandenburg gehören zu den bedeutendsten Kunstwerken dieser Epoche. Im 30-jährigen Krieg verloren gegangen ist die prächtige Ausstattung der Burg Tangermünde nach dem Vorbild der Prager und der böhmischen Burg Karlstein.