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Kabarett-Abend zum Frauentag mit "Wechseljahre-Beraterin" Annemarie von Gradowski Was hat er wieder angestellt?

Von Nora Knappe 09.03.2011, 05:32

Als Einstimmung auf den Internationalen Frauentag gab es am Montag einen Kabarett-Abend mit Annemarie von Gradowski im Theater der Altmark. Die Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis hatten an die 500 Frauen dazu eingeladen.

Stendal. Eine Zimmerpflanze, ein Stuhl, ein Bügelbrett mit diversen Utensilien wie Instant-Kaffee, Massagebällen und Plüschhund. Die Bühne ist schon beleuchtet, die rund 500 Frauen im Großen Haus des Theaters haben Zeit, sich diese Szenerie anzuschauen und erste Assoziationen im Kopf ablaufen zu lassen.

Was immer man sich dabei zusammenreimt, es verlockt zum Schmunzeln - wird doch mit der kabarettistischen Vorstellung von Annemarie von Gradowski ein heiterer Abend nur für Frauen versprochen. "(Keine) Angst vor Männern im Ruhestand" heißt er und macht mit dem szenischen Einstieg durchaus neugierig.

Eine nicht mehr ganz junge Frau - mit Leggings, Sportweste und Stirnband bekleidet - telefoniert heulend, schluchzend, schniefend mit ihrer älteren Schwester Hildegard. Man erfährt, dass sie eine Auszeit braucht, dass ihr Entschluss feststeht und dass sie findet: "Männer im Ruhestand, das sollte verboten werden."

Bühnenfigur "Annemarie" gewährt Einblicke in das Leid, das plötzlich über sie kam, als ihr Mann "Hein" in Rente ging. Es gab nur noch "Ent...": das eigene Leben entrümpeln, Geldblockaden entfernen, die sexuelle Energie entfesseln. Was Fengshui-Ratgeber mit ihrem Gatten anstellen, erfährt Annemarie jeden Tag aufs Neue: Plötzlich gibt es nur noch zwei Messer, zwei Gabeln, zwei Löffel in der Küche, gibt es für den Hund nach Regenspaziergängen einen Trockenbeutel, muss das Zärtlichkeitenkonto des Mannes aufgefüllt werden. Jedes Mal beim Nach-Hause-Kommen fragt sich die Frau: "Was hat er jetzt bloß wieder angestellt?"

Die kabarettistische Vorstellung gelingt von Gradowski noch schwungvoll, auch wenn manchmal die Pointen ins Leere laufen oder Erwartungen gesteigerten Witzes nicht immer erfüllt werden. Lachtränen, Juchzen und bestätigende Tuscheleien im Publikum zeigen letztlich: Sie trifft einen Nerv bei ihren Zuhörerinnen.

Im zweiten Teil des Programms allerdings enttäuscht die sich selbst als "Wechseljahre-Beraterin" bezeichnende Rheinländerin. Was als ernsthafter, aber humorvoller Vortrag angekündigt wurde, war schließlich mehr eine etwas unstrukturiert wirkende Aneinanderreihung von Binsenweisheiten in Sachen Partnerschaft: Reden Sie miteinander, seien Sie geduldig, aber sprechen Sie Probleme auch deutlich an. Eine Entscheidung für einen wirklich fundierten Fachvortrag oder für eine überspitzte Variante hätte dem Ganzen sicher gutgetan.

Aber - wenn nur einige Dutzend Frauen vorzeitig den Saal verlassen und die anderen paar hundert sich offenbar trotzdem köstlich amüsieren, dann kann das Konzept von Annemarie von Gradowski so falsch nun auch wieder nicht gewesen sein.