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Schlägerei am Himmelfahrtstrag Vorsatz oder Notwehr? Zeugen mit großen Erinnerungslücken

Von Wolfgang Biermann 13.04.2011, 04:35

Stendal. Nachdem der Prozessauftakt am Landgericht in der Vorwoche unter anderem wegen eines Befangenheitsantrages gegen die Vorsitzende Richterin nicht ganz reibungslos verlief, sagte gestern der Angeklagte aus. Außerdem wurden im Prozess um Körperverletzung am Himmelfahrtstag vor zwei Jahren ein halbes Dutzend Zeugen vernommen.

Wie berichtet, steht ein 31-Jähriger aus einem Ortsteil von Stendal vor Gericht, weil er am frühen Morgen des 22. Mai 2009 einem anderen Mann durch mehrere Faustschläge ins Gesicht eine Augenhöhlen- und Wangenknochenfraktur beigebracht haben soll. Das Opfer musste daraufhin eine Woche in der Uni-Klinik Magdeburg behandelt werden.

Für die 1. Große Strafkammer gilt es nun herauszufinden, ob es sich um Vorsatz oder Gegenwehr in einer Notwehrsituation handelte. Für den mehrfach vorbestraften Angeklagten geht es in dem Prozess möglicherweise um eine dauerhafte Unterbringung im Maßregelvollzug. Zurzeit sitzt er wegen eines anderen Deliktes im Gefängnis. Eine weitere Anklage wegen falscher Verdächtigung im Zusammenhang mit Falschgeld und Drogen ist vom Gericht in möglicher Erwartung einer höheren Strafe wegen der Körperverletzung schon zum Prozessauftakt eingestellt worden.

Alkohol "in Mengen"

Über seinen Verteidiger gab der Angeklagte gestern eine Erklärung ab. Demnach habe man in einer Wohnung in Stendal in großer Runde gefeiert. Alkohol floss "in Mengen". Zwischen ihm und seiner damaligen Freundin habe es einen "verbalen Disput um deren Treue während einem der Haft-aufenthalte" seines Mandanten gegeben, so der Verteidiger. Ein Partygast sei plötzlich mit einer zersplitterten Glasflasche auf den Angeklagten losgegangen und habe ihn "in die Seite gestochen".

Damit sei eine Schlägerei ausgelöst worden, wobei wohl etliche Partygäste und das ganze Mobiliar Schaden nahmen. "Die Aggression kam nicht vom Angeklagten", so der Verteidiger. Zeugen sollen später bei der Polizei ausgesagt haben, dass der Angeklagte beim Sturz selbst in die Scherben gefallen sei.

Die Aussagen der sechs Zeugen gestern waren von großen Erinnerungslücken geprägt. So recht wollte oder konnte sich keiner mehr an das Geschehen erinnern.

Am Freitag sollen weitere Zeugen gehört werden, unter anderem zwei Polizeibeamte. Als die Polizei damals am Tatort eintraf, wollen sie einen anklagenden Ausruf des am Boden liegenden Verletzten gehört haben: "Warum habt ihr mich angestochen?" Was oder wen er damit meinte, soll am nächsten Prozesstag geklärt werden.