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Richter am Oberlandesgericht spricht von " kalter Enteignung " Verwaltung unterliegt im Streit um 6 Quadratmeter

Von Wolfgang Biermann 06.05.2010, 04:49

Stendal / Möringen. Ein handfester Streit um sechs Quadratmeter Gehwegfläche in der MöringerLindenalleeistentbrannt und beschäftigt die Gerichte. Das berichtete die Volksstimme am 18. März 2008. Dazu gab es im Juni vorigen Jahres eine höchstrichterliche Entscheidung des Oberlandesgerichts ( OLG ), wie erst jetzt auf Nachfrage bekannt wurde.

Demnach haben die Naumburger Richter das Urteil des Landgerichtes Stendal vom 29. Oktober 2008 in zweiter Instanz zu Gunsten einer Eigentümerin aufgehoben. Horst Trojan, Vorsitzender Richter des 12. Zivilsenats am OLG, habe gar von " kalter Enteignung " gesprochen. Das berichtet der Rechtsanwalt der Eigentümerin, Klaus-M. Ernst aus Stendal.

Wie berichtet ging es darum, dass die Eigentümerin der Gemeinde Möringen 1997 besagte Fläche für den Gehwegbau unentgeltlich überlassen hatte. Die Einigung darüber erfolgte mündlich mit dem damaligen Bürgermeister. Per Handschlag und ohne " rechtswirksamen Vertrag ". Im Gegenzug wurde die Eigentümerin von " jedweder " Verkehrssicherungs- und Reinigungspflicht dieses Gehwegteils entbunden.

2003 sei es auf Drängen des Eigentümers zur schriftlichen Vereinbarung gekommen, sagt Anwalt Ernst. Nach Paragraph 70 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt sei dabei aber die Form nicht gewahrt worden, hieß es später im Urteil des Landgerichtes.

" Den Grund

und Boden

herausgeben "

Mit Gründung der Verwaltungsgemeinschaft Stendal-Uchtetal im Jahr 2005 übernahm die Stadt Stendal die Verwaltungsgeschäfte für die Gemeinde Möringen. Zuvor war die Verwaltungsgemeinschaft Uchtetal zuständig. Entgegen der 1997 geschlossenen Übereinkunft schickte die städtische Verwaltung der Eigentümerin einen Bescheid zur Reinigung der sechs Quadratmeter ins Haus. Der Widerspruch dagegen blieb erfolglos, ebenso die Einschaltung von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht in Magdeburg.

Rechtsanwalt Klaus-M. Ernst reichte daraufhin beim Landgericht Stendal Zivilklage auf Herausgabe der sechs Quadratmeter im Ursprungszustand, also mit rückgebautem Gehweg, ein. " Wir haben rechtskonform gehandelt ( ... ) und werden mit allen gesetzlichen Mitteln für ordnungsgemäße Zustände sorgen. " So hieß es im April 2008 aus dem Stendaler Rathaus.

Im Dezember 2007 hatte die Verwaltung in sogenannter Ersatzvornahme schon mal die Reinigung des strittigen Gehwegbereichs angeordnet und durchführen lassen. Eine exakte Grenzvermessung, die laut Ernst erforderlich wurde, sollte die Eigentümerin selbst tragen.

Das Landgericht schloss sich mit seinem Urteil der Meinung der Verwaltung im Stendaler Rathaus an und wies die Klage der Eigentümerin ab. Anders nun das Oberlandesgericht im Juni vorigen Jahres. Es verurteilte die Gemeinde, " den zum Ausbau des Bürgersteigs der Lindenallee ( ... ) vereinnahmten Grund und Boden der Parzelle ( ... ) herauszugeben ". Und das frei von Gehwegsteinen und etwaigem Fundament, damit es nicht zu einem Ablauf des Niederschlagswassers auf das Grundstück der Eigentümerin kommen kann. Die Kosten für den Rückbau hatte das Landgericht schon im Oktober 2008 mit mindestens 5000 Euro veranschlagt.