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Täter schlug aus Rache wahllos zu

Von Wolfgang Biermann 16.04.2010, 04:49

Stendal. Überraschend gab es gestern am Landgericht Stendal zum Prozessauftakt um Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung bereits eine Verurteilung und einen Freispruch. In einem " Akt der Selbstjustiz " habe der Angeklagte mit einem Baseballschläger wahllos zugeschlagen. " Scheißegal, ob es den Richtigen oder den Falschen trifft. " Mit diesen drastischen Worten begründete Gerhard Henss, Vorsitzender Richter der Jugendkammer, das Urteil gegen einen 21-jährigen Stendaler : ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.

Mit dem schuldig Gesprochenen saßen weitere sieben Männer zwischen 21 und 30 Jahren ( alle Stendaler ) auf der Anklagebank. Schwarz gekleidet und teils vermummt sollen sie zu einer bis zu 30 Mann starken Gruppe gehört haben, die beim Rolandfest 2008 des Nachts auf eine der linken Szene zugerechneten Gruppe am Winckelmannplatz eingeschlagen haben. Die Angreifer sollen rechte Parolen gebrüllt, die Überfallenen bespuckt und mit Baseballschlägern sowie Flaschen, Schlagstöcken und Fäusten traktiert haben. Der Platz gilt als Treffpunkt der Linken.

Etwa 20 gewalttätige Linke sollen es auch gewesen sein, die kurz zuvor in Stendal-Nord einen Rechtsgesinnten zusammengeschlagen und das Auto eines anderen demoliert haben. Die Schlägerei am Winckelmannplatz gilt der Anklage nach als Racheakt der Rechten. Bis auf den verurteilten 21-Jährigen, der angab, " raus aus dem Sumpf " zu wollen und seine Taten eingestand, bestritten die übrigen Angeklagten jegliche Tatbeteiligung. Drei machten von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch.

Einer der Überfallenen, der als Zeuge aussagte, will einen Angeklagten an der Stimme als Mittäter erkannt haben, war sich aber nicht sicher. Das allein reiche nicht aus für eine Verurteilung, befand das Gericht und sprach einen 22-Jährigen frei. Ein Angeklagter ( 21 ) erhob schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Sie habe ihm angeblich Namen vermeintlicher Mittäter in den Mund gelegt und zu Falschaussagen genötigt. Prozessfortsetzung nächsten Dienstag. Am 29. April werden die Plädoyers und Urteile erwartet.