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Überraschende Erkenntnis der Archäologen nach Grabfund Hinterm Refektorium wurden Tote bestattet

Von Reinhard Opitz 03.12.2009, 04:52

Nach Mauerresten der früheren Theaterwerkstatt, Keramikund Glasscherben sowie kleineren Gebrauchsgegenständen aus dem Mittelalter sind beim Aushub der Baugrube für den neuen Bibliotheksanbau gestern sechs Gräber gefunden worden. Sie nähren die Vermutung, dass das Klosterrefektorium im 18. Jahrhundert als Hospital diente.

Stendal. Hinter der Stadtbibliothek am Mönchskirchhof, wo im nächsten Jahr ein neuer Anbau entstehen soll, ist von der häufig üblichen Rivalität zwischen Bauarbeitern und Archäologen nichts zu spüren. Gestern Vormittag entdeckten sie gemeinsam in 1, 80 Meter Tiefe sechs mit vollständigen Skeletten und Resten der hölzernen Särge ausgestattete Gräber. " Der Baggerfahrer ist sehr vorsichtig ans Werk gegangen, so dass alles gut erhalten ist ", lobt Grabungsleiter Uwe Weiß. Sofort machte er sich mit seinen drei Kollegen an die Feinarbeit. Das Team legte die Funde frei, dokumentierte sie in allen Einzelheiten, um sie schließlich zu bergen.

Fünf Erwachsene und ein Kind sind hier an der Ostseite des Refektoriums, wahrscheinlich im späten 18. Jahrhundert, bestattet worden. Das könnte die Vermutung bestätigen, dass das Gebäude des einstigen Franziskanerklosters in ein Hospital umgewandelt wurde. " Nach unseren Informationen soll das Refektorium von etwa 1750 bis 1880 als Hospital gedient haben ", sagt Uwe Weiß, der mit seinem Team im Auftrag des Landesamts für Archäologie seit September in der Baugrube der Bibliothek tätig ist. Der Grabfund kam für die Archäologen unerwartet, da keine der historischen Quellen über Bestattungen an dieser Stelle berichtet.

Gleich neben den Gräbern sind regelmäßig geformte, auffallend helle Flecken im Erdreich aufgetaucht. Sie werden von den Bestattungen angeschnitten, müssen also älter als die Gräber sein. Weiß vermutet ihren Ursprung im Mittelalter. Was sie tatsächlich bedeuten, bleibt noch zu untersuchen.

Und die Baugrube, die inzwischen das Oberflächenniveau des Mittelalters erreicht hat, gab noch mehr verschüttete Details frei. Darunter ein Graben, der zur Entwässerung des feuchten Geländes gedient haben könnte, und eine gut erhaltene Keramikkanne, beides wohl aus dem 13. Jahrhundert, der Gründungszeit des Klosters. In einer Abfallschicht aus Eierschalen, Fischschuppen und einem Pferdeunterkiefer traten Kämme und eine Zahnbürste aus Knochen zutage.