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Zierauer Elterninitiative möchte reformpädagogische Sekundarschule Altmark gründen Nicolaus Ilgner: "Der Lehrplan ist sozusagen in den Kindern"

Von Kathrin Bauer 20.11.2009, 04:52

Salzwedel. Seit gut einem Jahr trifft sich an jedem Donnerstag die Zierauer Schulinitiative zur Gründung einer reformpädagogischen Sekundarschule Altmark. Was diese Initiative erreichen möchte und welche Rolle den Wünschen der Kinder bei der Gestaltung dieser Schule beigemessen wird, wurde während der ersten öffentlichen Benefizveranstaltung im Hanseat Salzwedel verdeutlicht.

Eröffnet wurde die Veranstaltung von den Kindern der Depekolker Grundschule. Im Anschluss führte Nicolaus Ilgner, zweifacher Vater und engagiertes Initiativemitglied, eine Podiumsdiskussion mit vier derzeitigen und einem ehemaligen Schüler der Freien Schule Depekolk sowie einem Schüler einer staatlichen Schule. Thema dieser Diskussionsrunde war : " Wie sieht unsere Wunschschule aus ?"

" Seit gut einem Jahr versuchen wir als Eltern, für unsere Kinder eine Sekundarschule zu gründen. Grund hierfür war die oftmals wiederkehrende Frage von Eltern und Kindern, wie man die Schule und das Depekolker Lernsystem auch über die vierte Klasse hinaus für die Schüler erhalten und weiterführen könne ", so Ilgner einleitend.

Acht Eltern sind

der Kern der Gruppe

Seine Diskussionspartner, Naomi Tietz ( ehemals Depekolk, jetzt 6. Klasse, Freie Jeetzeschule Salzwedel ), Diellza Ilgner, Janek Brunke, Cedrico Arzt, Lina Wegener ( alle Klasse 4, Depekolk ) und Fynn Guischard ( Klasse 4, Grundschule Pretzier ) übernahmen dann das Wort und erläuterten in klaren und wohl formulierten Sätzen ihre Vorstellungen. " Ich besuche die Grundschule Pretzier, würde aber viel lieber in Depekolk lernen. Leider war kein Platz mehr frei. Ich würde gern so frei lernen und selbst entscheiden, wann ich Mathematik oder Deutsch lerne. Freiarbeitszeiten oder Angebote wie in Depekolk würde ich mir sehr wünschen, weil ich glaube, dass man dann besser lernt ", so Fynn Guischard. Auf die Frage, wie sich die Kinder ihre Sekundarschule vorstellen würden, gab es zum Beispiel folgende Antwort : " Ich möchte auch weiterhin mit Montessori-Material arbeiten und lernen. " Den Eltern und Gästen im gut gefüllten Saal des Hanseat konnte man an den Gesichtern ablesen, dass sie diesen Wunsch ihrer Kinder lieber heute als morgen erfüllen würden. So spendeten sie auch gern für die Schulinitiative und unterhielten sich angeregt über Möglichkeiten und Probleme.

Im Volksstimme-Gespräch erklärte im Anschluss Nicolaus Ilgner : " Wir sind ein Gruppenkern von acht Eltern und etwa zehn in unmittelbarem Umfeld, die diese Initiative seit einem Jahr vorantreiben. Der Hauptunterschied zu einer normalen staatlichen Schule ist, dass sich in unserem Konzept alles an den natürlichen Entwicklungsprozessen der Kinder ausrichtet. Der Lehrplan ist sozusagen in den Kindern, jedes Kind entscheidet selbst den Zeitpunkt, den Ort und die Dauer des Lernens. "

Ziel sei es nicht, an jedem Schuljahresende Leistungen vergleichbar zu machen, sondern erst am Ende der zehnten Klasse. " Dann werden unsere Kinder die gleichen Lerninhalte vermittelt bekommen haben, nur in einer völlig anderen Art und Weise als üblich ", ist Nicolaus Ilgner überzeugt. " Wir möchten eine genehmigte Ersatzschule mit besonderer pädagogischer Bedeutung werden, vergleichbar mit der Waldorfschule Magdeburg. "

Montessori, Freinet

und Wild als Vorbilder

Bei der Planung des Projekts spiele besonders die dörfliche Atmosphäre und die örtliche Nähe zur Grundschule in Depekolk eine große Rolle, außerdem sei die enge pädagogische Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Freien Schule Altmark in Depekolk ein wichtiges Anliegen. Pro Jahrgang sollten nur etwa zehn Kinder in den Klassen bis zur Klassenstufe Zehn unterrichtet werden, so dass die geplante Schule klein und für die Kinder überschaubar bleibe. Die bedeutendsten Inhalte der Arbeit seien selbständiges Lernen in entspannter, vorbereiteter Umgebung mit Begleitung hierfür speziell ausgebildeter Lehrer, das Lernen in altersübergreifenden Gruppen und der intensive und wertungsfreie Austausch von Lehrern und Schülern über den Entwicklungsstand und das nächste persönliche Ziel. Dabei arbeite man nach den Grundsätzen bekannter und anerkannter Reformpädagogen wie Montessori, Freinet, Wild und den entwicklungspsychologischen Erkenntnissen Piagets und Neufelds. Auf die Frage, welche Hürden bereits genommen wurden und welche demnächst anstehen, erklärte Ilgner : " Bisher ist unser ganzes Unterfangen noch ein großes Abenteuer, im Dezember werden wir den Schulantrag beim Kultusministerium in Magdeburg einreichen. " Die Veranstaltung am Freitag sollte der Zierauer Schulinitiative Öffentlichkeit bringen, sie bekannt machen. Denn für die Zukunft brauche man Verständnis und Unterstützung aus der Bevölkerung, so Ilgner weiter. Im Frühjahr werde es daher eine weitere Benefizveranstaltung geben.