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Podiumsdiskussion im Theater der Altmark am 7. Oktober, dem DDR-Jahrestag Frieden zum 60. Geburtstag

Von Frank Eckert 09.10.2009, 04:58

Zwischen dem 60. Jahrestag der DDR-Gründung und der 20. Wiederkehr des Mauerfalls liegen 40 Jahre real existierender Sozialismus auf deutschem Boden. Lothar de Maizière und Hans-Joachim Maaz haben alles miterlebt – vorher, nachher, mittendrin. Im Theater der Altmark erzählten sie ihre Sicht auf die DDR.

Stendal. Der kleine Frieden zur Geburtagsfeier war echt. Denn der letzte und zugleich erste, durchs Volk freigewählte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière wie sein Streit- und Gesprächspartner, der Psychoanalytiker und Autor Hans-Joachim Maaz (" Der Gefühlsstau "), standen während der 40 DDRJahre auf derselben, der systemskeptischen Seite ; also auf der realen, nicht auf der realexistierenden sozialistischen. Sie verbindet mehr, als sie verbal zugeben. Sie nickten lieber gegenseitig den Argumenten des anderen zu. Das passte vor gut 90 Zuhörern bei diesem gemeinsamen Abend im kleinen Saal des Theaters der Altmark zu einer unverklärten Rückschau wie Draufsicht auf die DDR, die es seit 19 Jahren nicht mehr gibt, und wenn es sie noch geben würde, sie an diesem 7. Oktober 60 Jahre alt geworden wäre.

Über diesem also " Waswäre-wenn " -Geburtstagsdiskurs hatte das Stendaler Theater der Altmark einen Satz des Berliner Dramaturgen Heiner Müller platziert : " Wo ist der Morgen, den wir gestern sahn ?" Für de Maizière wie Maaz eine beinahe zu idealistische Provokation und doch eine galante Steilvorlage für ihre Sichten. Ihnen waren intellektuelle Köpfe wie Christa Wolf oder Stefan Heym mehr suspekt geworden als vertraut gewesen, als diese noch am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz auf eine bessere DDR hofften. " Sie haben nicht begriffen, wie endgültig vorbei der Sozialismus war ", psychoanalysierte de Maizière.

Und Maaz hatte gleich nach der Wende, gleich nach der freudentaumelnden Vereinigung im Oktober 1990 den DDR-Deutschen mit seinen Büchern eine Sitzung auf dem roten Sofa verordnet ; beim Psychoanalytiker. Der einstige Chefarzt von Beeskow und später in Halle fand seine Landsleute traumatisiert im Wendegefühlsgewühl vor ; de Maizière durchaus eher " euphorisch gepackt ", was für seinen Gegenüber Maaz keinen Widerspruch, sondern eine Zwangsläufi gkeit darstellt.

" Ihr Beruf wäre

nicht der meine "

Man rieb sich knapp auf dem Podium oder stichelte freundlich ; pointiert und voll ausgelebter liebster Meinungsverschiedenheit : " Jetzt ist mir eines klar geworden : Ihr Beruf wäre nicht der meine gewesen ", sagte CDU-Mann de Maizière, was Maaz konterte : " Der Ihre für mich auch nicht. " Unter Anpassungsneurosen litten also beide kaum. Man war sich ja so schon einig in der Gegnerschaft zum DDR-System. Mehr wäre des Friedens zu viel. Sie inszenierten ihn gekonnt auf ihren Sitzen, deren Polster zumindest rot gewesen sind. Mittendrin sorgte Moderator Sascha Löschner, Dramaturg an der Stendaler Spielstätte, für die Stichwörter ; viel musste er nicht austarieren ; die Balance hielten de Maizière und Maaz höfl ich selbst.

In ihrer beider Biographien hatten sie sich weit vor Ende der DDR ihre Inseln gesucht ; Maaz in der Diakonie in Halle, de Maizière in der Ost-CDU, wo er 1989 – genau einen Tag nach dem Mauerfall – so plötzlich ihr Chef wurde. Es wurde der Anfang vom Ende eines nie real gewordenen 60. Geburtstages.