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DDR-Erlebnistag mit Fahnenappell und Erinnerungen Geballte Ostalgie herrscht im "demokratischen Tipidorf"

Von Birgit Schulze 20.07.2009, 07:03

Am Eingang zum Tipidorf in Bertingen stand am Sonnabend ein Schlagbaum, bewacht von Grenzern und einem Schäferhund. Es wurde zunächst die Identität überprüft, bevor Besucher das Gebiet des " deutschen demokratischen Tipidorfes " betreten konnten. Mit einem DDR-Erlebnistag erinnerten die Organisatoren nicht nur viele Besucher an die Geschichte, sondern hatten zwischen Trabis und Pionierhalstüchern vor allem eine Menge Spaß.

Bertingen. Am " Bonzenplatz " hatten sich die Initiatoren des kunterbunten DDR-Tags, eine Gruppe, die sich im Internet-Chat kennenlernte und einmal im Jahr in Bertingen trifft, niedergelassen. Dort stand auch das " Haus des Wissens ", in dem Besucher ihre Kenntnisse überprüfen konnten. Fragen wie " Wer war auf dem Zehn-Mark-Schein abgebildet ?" beschäftigten die Gäste und mancher staunte, was er in 20 Jahren alles vergessen hat.

Ideengeber Carsten Gläser aus Zwickau ist Mitglied im Chat-Club " Dorftrottel ". Die rund 30 Mitglieder desselben kommen aus Zwickau, Glauchau, Köthen, Halberstadt, Magdeburg, Halle oder Iden. Aber auch eine " Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland " war auf dem Campingplatzgelände eingerichtet. Die war von Anja und Michael Huybers aus Kleve besetzt. Sie ließen es sich nicht nehmen, beim Subbotnik, dem morgendlichen Fahnenappell und den sportlichen Aktivitäten sowie der " kollektiven Tanzveranstaltung mit sozialistischem Kulturprogramm " dabei zu sein und wurden als " Ausreisewillige aus der BRD " begrüßt.

Den ganzen Tag über herrschte buntes Treiben, Erich Honecker hatte sich ebenso angesagt wie Herricht und Preil oder Tini und Addy mit " Mach‘s vor, mach‘s nach, mach‘s besser ".

Schon der Fahnenappell gab vielen jüngeren Besuchern einen Eindruck davon, was früher zum Alltag gehörte. " Achtung Pioniere, stillgestanden, Augen geradeaus, richt’ euch ... ", so begann die Morgenbegrüßung samt Ehrung der Gastgeber. Diese, Barbara und Gerhard Müller, hatten als Campingplatzbetreiber dem DDR-Treiben freien Lauf gelassen und wurden dafür zu Jungpionieren ernannt. Natürlich nicht ohne das entsprechende Gelöbnis. Auch die FDJ-Singegruppe der jungen Pioniere war dabei und stimmte " fröhlich sein und singen " an.

Leeroy Springer ( 10 ), der mit seiner Oma Annedore Kress aus Schernebeck zu Gast war, sah viele Dinge mit Staunen, auch wenn ihm seine Eltern schon ab und zu etwas von der DDR erzählt hatten. Auch Oma Annedore sagte : " Der Fahnenappell hat uns gut gefallen, das war fast wie früher. Ich bin ja damit aufgewachsen, da bekommt man schon eine Gänsehaut.

Konsum, Schulküche und Intershop standen den Gästen zur Feier des Tages zur Verfügung und wer Lust hatte, der konnte auch eine Runde mit dem Trabi drehen. Der Trabiclub " Gamasche " aus Sargstedt bei Halberstadt war mit sieben Trabis, zwei davon mit Dachzelt " Hotel Sachsenruh’ ", natürlich im Bestzustand, und einem einzigartigen Trabantmotorrad angerückt. Letzteres hatte Wolfgang Nischik aus einem Trabi-Motor, mit allerhand Ideen und einer Volksbadewanne als Beiwagen gebaut. Viola und Lutz Algermann aus Halberstadt sind Mitglied im Trabiclub sowie Dauercamper in Bertingen und waren von der Idee, einen DDR-Tag zu organisieren, gleich begeistert. Ebenso wie Birgit und Ronald Keune aus Magdeburg, die die Ausstellung historischer Gegenstände betreuten. " Jeder hat etwas mitgebracht ", sagt Birgit Keune und holt eine Sammlung Alu-Münzen aus der Hosentasche. Vom Mitropa-Geschirr über Schulhefte bis hin zu alltäglichen Dingen, die im Haushalt gebraucht wurden, gab es viel zu sehen. Uwe Jahnke aus Zwickau erklärte Unwissenden auf die Schnelle den Rechenschieber. Mit im Einsatz war auch Schwester Agnes, die eigentlich Eva Henze heißt und aus Halle kommt, sie sorgte bei kleinen Wehwehchen für Besserung und hatte eigens für den DDR-Tag eine neue, alte Schwalbe bekommen.