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Ehemaliges Verwaltungsgebäude soll abgerissen werden / Oberbürgermeister Klaus Schmotz : "Ein heruntergekommenes Denkmal nützt niemandem"

Von Martin Rieß 23.06.2009, 07:02

In den vergangenen Monaten hat der Abriss der Hansa-Brauerei für Diskussionen gesorgt. Mittelfristig dürfte mit dem alten Verwaltungsgebäude der Bergbrauerei ein weiteres Stendaler Zeugnis dieses Wirtschaftszweiges fallen. Der Stadt ist der Erhalt zu teuer, weitergeben wolle man das Gebäude allein unter der Voraussetzung, dass der Investor die Finanzierung sicherstellen kann.

Stendal. Die Chancen stehen schlecht für das ehemalige Verwaltungsgebäude der Bergbrauerei an der Osterburger Straße 44. Das jedenfalls geht aus einem Gespräch mit Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz mit der Volksstimme hervor : Mittelfristig müsse es wohl abgerissen werden.

Zuvor hatten sich Anwohner in der Redaktion gemeldet. Einer von ihnen ist Klaus-Dieter Woosch. Er wohnt hier seit Jahrzehnten, kann sich an das Auf und Ab des Hauses erinnern. " Da die Wohnungsnot ja ein großes Problem war, wurde das Gebäude schon lange als Wohnhaus genutzt. " In den achtziger Jahren dann die Sanierung : Die Klinker verschwanden hinter Putz, neue Fenster und eine neue Zentralheizung wurden eingesetzt. Doch all dies ist inzwischen in die Jahre gekommen. Der Putz bröckelt, der Fensterkitt ist rissig. Die Regenrinnen haben Löcher. Die Heizungsanlage pfeift auf dem letzten Loch. Zur Wendezeit dann soll kurzzeitig die Rede davon gewesen sein, das Haus zu einem Sporthotel umzuwandeln – wegen des damaligen benachbarten Freibads und des Sportplatzes nebenan. Doch diese Ideen sind längst vom Tisch.

Repariert wird schon lange kaum noch etwas. Klaus-Dieter Woosch : " Nach und nach sind die anderen Mieter ausgezogen. Es ist nämlich das erklärte Ziel, dass auch wir verbliebenen Mieter andere Wohnungen bekommen, damit das Haus abgerissen werden kann. "

Wegzugehen wird trotz dieses Niedergangs schwer werden für Woosch. Denn in den Gemäuern stecken viele Erinnerungen. Und auch von der Wohnlage möchte er sich nicht trennen : Mitten im Grünen, abseits der Hauptstraße, in der Nachbarschaft eine Kindertagesstätte und ein Sportplatz, umstanden von alten Laubbäumen. " Was wünscht man sich denn mehr ?", fragt Woosch. Und doch sieht er kaum eine Zukunft für das Haus : " Die Messen sind gesungen !"

" Wenn die Innenstadt als Argument zählt, hätte am Galgenberg nie gebaut werden dürfen "

Der viel diskutierte Abriss der Hansa-Brauerei vor einigen Monaten mutet ähnlich an. Und doch sieht die Lage im Fall der Bergbrauerei etwas anders aus. Denn die Hansa-Brauerei ist in den Händen eines Privateigentümers. Der hatte keine Möglichkeit gesehen, wie der Erhalt der Hansa-Brauerei zu finanzieren gewesen wäre.

Das Verwaltungsgebäude der Bergbrauerei hingegen befindet sich im Eigentum der Stadt – verwaltet wird das Haus mit seinen 20 Wohnungen von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft SWG. Vom Grunde her also eine andere Situation.

Doch auch die Kommune und damit die kommunalen Unternehmen müssen wirtschaftlich arbeiten, wie Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz auf Nachfrage der Volksstimme erklärte. Angesichts der sinkenden Einwohnerzahl sollen Bauwillige vor allem in die Innenstadt gelockt, leer stehende Wohnhäuser im Außenbereich der Stadt dafür abgerissen werden. Zwar solle laut Oberbürgermeister an der Osterburger Straße 44 e niemand vertrieben werden – die Reparaturen werden aber auf das Nötigste beschränkt.

Nicht nur Klaus-Dieter Woosch mit seinen Erinnerungen an bessere Zeiten des zum Wohnhaus umfunktionierten Verwaltungsgebäudes kann sich nicht für diese Entscheidung begeistern. In der Nachbarschaft arbeitet Frank Mohrmann an der Instandsetzung des Bierkellers. Er sagt : " Wenn die Innenstadt als Argument zählt, hätte am Gelgenberg nie gebaut werden dürfen. " Er verweist auch auf die heimatgeschichtliche Bedeutung des Hauses als Brauereigebäude, hält die Bausub stanz des Bergbrauerei-Hauses für erhaltenswert. Er sagt : " Das ist alles solide gemauert. "

Interesse hat er nicht zuletzt deshalb am Erhalt des Hauses, weil ein Viertel ohne Menschen, die dort leben, zum Anziehungspunkt für Randalierer werden könnte. " Und daher würden wohl auch die Kindertagesstätte und der Sportplatz davon profitieren, wenn hier weiterhin Nachbarn leben ", erklärt der Stendaler, der sich auch persönlich für einen langfristigen Erhalt der Bergbrauerei einsetzen würde.

" Dahinter müsste ein schlüssiges Konzept für Nutzung und Finanzierung stecken "

Klaus Schmotz verweist indes auch in Sachen Denkmalschutz auf die Innenstadt. Dort gebe es viel wichtigere Kandidaten auf der Liste der Baudenkmäler, die erhalten werden müssen, als eben das alte Brauereigebäude. Und wenn sich ein Interessent für das Haus fände ? Dann wäre die Stadt bereit, das Haus preiswert abzugeben. " Eines muss allerdings klar sein : Dahinter müsste nicht nur der Wille zum Erhalt des Hauses, sondern auch ein schlüssiges Konzept für Nutzung und Finanzierung stecken. " Denn eines wolle man nicht : Dass das Gebäude allein aus dem Grunde stehen bliebe, weil es einen heimatgeschichtlichen Wert hat. " Ein heruntergekommenes Denkmal nützt niemandem etwas ", schränkt Schmotz jene ein, die das Haus nur erhalten und nicht sofort sanieren möchten.