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Informationsveranstaltung der Grünen / Geänderter Bebauungsplan ist bereits beschlossen Pro und Kontra zum geplanten Steinkohlekraftwerk Arneburg

Von Holger Thiel 10.03.2009, 05:06

Zwischen der Elbe und den Reaktorresten des zu DDRZeiten begonnenen, aber nie vollendeten Atomkraftwerks bei Arneburg könnte auf rund 100 Hektar das 1600-Megawatt-Steinkohlekraftwerk der RWE Power AG entstehen. Könnte, weil die Grundsatzentscheidung des Stromkonzerns zum Standort noch aussteht. Aber es sind augenscheinlich bereits erste Pflöcke in den Boden der Industriebrache gerammt. Das wurde am Wochenende während der Informationsveranstaltung von Bündnis 90 / Die Grünen in Arneburg deutlich.

Arneburg. Das mögliche Steinkohlekraftwerk Arneburg stößt auf großes Interesse und polarisiert. Rund 60 Altmärker und Interessierte darüber hinaus kamen am Sonnabend zur ersten Informationsveranstaltung des Landes- und Kreisverbandes von Bündnis 90 / Die Grünen. Das Ziel : " Das vereinbarte Stillschweigen aufbrechen und Widerstand organisieren ", sagte die energiepolitische Sprecherin des Landesverbandes, Dorothea Frederking. Bereits Mitte Dezember hatte die Volksstimme das zwei Milliarden Euro teure Großprojekt vorgestellt, das einst für Griechenland und dann für das saarländische Ensdorf geplant war, dort aber 2008 am Widerstand der Bevölkerung gescheitert ist. Eigentlich sollte dazu als Gast Karl-Heinz Winkler aus Ensdorf sprechen, doch er musste krankheitsbedingt absagen.

Die Kerndaten des Kraftwerks sind bekannt : Mit einer elektrischen Leistung von fast 1600 Megawatt könnte es fast den gesamten Strombedarf Sachsen-Anhalts decken. 3, 6 Millionen Tonnen importierte Steinkohle sowie Petrolkoks, ein kohleartiger Rückstand aus der Mineralölwirtschaft sollen jährlich verfeuert werden. Angeliefert mittels Bahn und per Schiff. Rund 8, 87 Millionen Tonnen Kohlendioxid wird das Kraftwerk jährlich ausstoßen, 15 Millionen Kubikmeter Elbewasser werden jährlich benötigt. Die beiden Kühltürme des Kraftwerks sind 165 Meter hoch. Bis zu 150 Arbeitsplätze würden entstehen. Bei Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte würde das Kraftwerk laut Frederking stündlich 100 Kilogramm Staub, eine Tonne Schwefeldioxid und 150 Gramm Quecksilber ausstoßen. " Dreck, der in der Altmark abgeladen wird ", sagte sie. Nicht nur sie, sondern auch die Bundestagsabgeordnete Undine Kurth und Oliver Wendenkampf, Geschäftsführer der Naturschutzorganisation BUND, und Anwohner wie der Dalchauer Manfred Heuer ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie gegen das Kraftwerk sind.

Es gibt aber auch andere Meinungen. Der Arneburger Stadtrat Uwe Fenn sprach sich für das Kraftwerk aus. Mit der Erdgaslagerstätte bei Salzwedel, in der das anfallende CO 2 gespeichert werden könnte, sei die Altmark dafür geradezu geeignet. " Dies wäre eine Schlüsselinvestition ", so Uwe Fenn. " Das Kohlekraftwerk ist wichtig für die Zukunft unserer Kinder ", meinte der Walslebener Landwirt Ernst Jesse. Auch der Arneburger Bürgermeister Lothar Riedinger machte deutlich, dass er für das Vorhaben ist. Von Geheimniskrämerei könne keine Rede sein. " Seit den 1990er Jahren ist das Industriegebiet Arneburg als Vorrangstandort für ein Kohlekraftwerk ausgewiesen ", betonte er. Eike Trumpf, Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Arneburg-Krusemark, bestätigte die Feststellung von Undine Kurth, dass die mittlerweile vierte Änderung des Bebauungsplanes für das Kraftwerksareal beschlossen ist – durch den 1991 gebildeten Planungsverbund der Kommunen Arneburg, Hohenberg-Krusemark, Schwarzholz und Altenzaun. Die Stadt- und Gemeinderäte seien informiert, so Trumpf. Mit dieser Änderung ist das Grundstück für das Kohlekraftwerk um etwa vier Hektar auf nunmehr 100 Hektar vergrößert worden. Damit könnten die gesetzlich geforderten Flächen für die Kohlendioxid-Abscheidung aus dem Rauchgas nachgewiesen werden. Zudem werden jetzt Flächen für zwei Bahngleise zum Kohlekraftwerk und eine 110-KV-Freileitung im Plan ausgewiesen. Für die RWE Power AG, die laut Riedinger " noch 20 andere Standorte untersucht ", ein wichtiger Schritt. In Ensdorf war RWE bereits bei der Änderung des Bebauungsplans am Widerstand der Bürger gescheitert. Diese Hürde gibt es für Arneburg nicht mehr. Doch wann RWE den Antrag für den Bau eines Steinkohlekraftwerkes stellt, ist offen.