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Torsten Gatzsche und Andreas Baron verzaubern seit Jahren die Kinder Papa ist der Weihnachtsmann

Von Gudrun Billowie 24.12.2009, 05:53

Landkreis Börde. Soviel sei schon im Vorfeld verraten : Weihnachtsmänner trinken gern Pfefferminztee. Jedenfalls, wenn draußen der Schnee liegt und sie gemütlich in der Küche eines Wolmirstedter Hauses sitzen. Dann sinnieren sie über die vielen Kinder da draußen, deren Herz auch im Jahre 2009 noch seltsam klopft, wenn sie einem weißbärtigen Mann im roten Mantel begegnen. Nintendo und Dieter Bohlen haben daran nichts geändert. Andreas Baron und Torsten Gatzsche wissen das, schließlich leben sie schon seit einem viertel Jahrhundert im Blickfeld glänzender Kinderaugen.

Eigentlich – und das dürfen jetzt nur die Erwachsenen lesen - sind das zwei Männer, die ihrer Arbeit nachgehen und sich um ihre Familien kümmern. Meistens jedenfalls, denn ein bisschen seltsam sind sie ab und an doch. Es gibt Tage, da ziehen sie bunte Hemden an, steigen in weite Hosen, die nur mit Hilfe breiter Hosenträger an der richtigen Stelle hängen, und schminken sich Münder und Augen riesengroß. Dann heißen sie Baronelli und Tortellini und verzaubern nicht nur allerlei Dinge, sondern große und kleine Menschen im ganzen Land.

Doch je kürzer die Tage werden, um so öfter verzaubern sie sich selbst. Das Clownskostüm weicht dem roten Gewand und dem weißen Bart, " HoHoHo " bereichert den Wortschatz. Es beginnt die Zeit der Umarmungen und Küsse besonderer Art. Es sind keine heimlichen, in dunklen Ecken getauschten Knutschereien, nein, in das Gedächtnis von Weihnachtsmännern brennt sich eine ganz andere Sorte von Küssen ein. " Vor der Wende bin ich am Heiligen Abend viele Stunden lang von einer Familie zur anderen geradelt ", erzählt Torsten Gatzsche. An einer Bushaltestelle rief ein kleines Mädchen : " Weihnachtsmann, ich will dich mal küssen !" Gatzsche stoppte und fuhr zu ihr hin. " Sie drückte mich und gab mir einen Kuss auf den Mund. Alle Leute an der Bushaltestelle hatten ihre helle Freude daran. " Auch Andreas Baron schwärmt : " Oh, als Weihnachtsmann wird man oft umarmt. Das ist toll. " Auch wenn die Ärmchen meist gar nicht um den Bauch herum passen. Der wird übrigens – aber " pssst " – an den Körper gemogelt. Torsten Gatzsche zeigt wie das geht. Die neunjährigen Zwillinge Tessa und Carl stürmen die Küche und rammen ihre Köpfe in den dicken Kissenbauch des Papas, während der sich den roten Mantel sorgfältig darüber drapiert. " Manchmal nehme ich die beiden als Engel mit ", sagt der halbfertige Weihnachtsmann und probiert, welche seiner Nickelbrillen heute besser zur Tagesform passt. Ein Weihnachtsmann muss eitel sein, schließlich steht er vier Wochen lang im Fokus der Öffentlichkeit, bis zum großem Finale am Heiligen Abend. " Manche Leute wollen in Gegenwart des Weihnachtsmannes Glühwein trinken und grölen ", sagt Andreas Baron, " aber ganz oft erlebe ich, dass Muttis gemeinsam mit ihren Kindern und dem Weihnachtsmann singen wollen. Das treibt mir schon mal die Tränen in die Augen. "

Torsten Gatzsche und Andreas Baron kennen sich ewig, schon aus der Zeit, als sie Pädagogik studierten. Weihnachtsmänner waren sie damals schon, erst nach der Wende entwickelten sie sich zu Clowns. Stundenweise, versteht sich. " Am Anfang sind wir von Schule zu Schule gezogen und haben mit den Kindern Riesenfeten gefeiert ", erinnern sie sich, " alles war riesig, die Musik, die Spiele, die Clownerie. " Sie wollen, das Kinder Krach machen, kreischen, " aber wir lauschen auch mit ihnen der Stille, die sich ausbreitet, wenn wir vom Mond erzählen ", ergänzt Andreas Baron. Die Spiele überlegen sie sich selbst, peppen gern alte Kinderspiele auf. Luftballontanz zu Volksmusik, Hardrock oder Rock ` n-Roll geht immer. Auch bei Erwachsenen. " Wenn dort die Gruppendynamik stimmt, sind Erwachsene albern wie Kinder ", verrät Tortellini, ähm ... Verzeihung, Torsten Gatzsche.

Als Andreas Baron und Torsten Gatzsche begannen, die weiten Karo-Hosen zu tragen, gab es noch keine Computerspiele, noch nicht so viel Angst der Eltern vor dem, was das nächste Jahr bringt. Haben sich die Kinder verändert ? " Nein ", schütteln beide die Köpfe, " Kinder sind noch immer begeisterungsfähig. " Erst neulich lachte sich die kleine Chantal aus Mose kringelig, weil Baronelli, äh ... Verzeihung, Andreas Baron, ihr die Zaubermütze immer wieder zu tief auf den Kopf setzte. Er kapierte einfach nicht, dass so eine Mütze ÜBER die Augen gehört. " So etwas amüsiert Kinder auf Usedom oder im Ruhrpott. " Kinder sind Teil der Show, " wir lachen und tanzen mit ihnen. Aber wir müssen das Heft in der Hand behalten ", sagt Baron. Das machen die beiden mit ihrer Energie, die sprüht Funken. " Manchmal fordern einzelne Kinder, immerzu dran zu sein ", sagt Andreas Baron, " dann müssen wir kurzzeitig aus der Rolle des Clowns steigen und autoritär werden. " Eine Autorität, die sie den Weihnachtsmännern in sich nicht geben wollen. " Ich lasse mich nie, niemals von Eltern als Erziehungsapostel missbrauchen ", sagt Andreas Baron. " Pass auf, der Weihnachtsmann haut nicht ", muss auch Torsten Gatzsche manchmal noch sagen. Aber meistens schauen sie in glänzende Kinderaugen.

" Glänzende

Kinderaugen sind

schönster Lohn "

" Das ist unser schönster Lohn ", sagen sie abwechselnd immer wieder. Die beiden Weihnachtsmänner bedauern nur, dass in vielen Familien und Kindergärten nicht mehr soviel gesungen wird und Weihnachtsgedichte wohl keine große Rolle mehr spielen. " Die Kinder sind Weihnachten immer noch genauso aufgeregt, wie vor zwanzig Jahren, aber damals haben wir viel mehr verschiedene Lieder und Gedichte gehört ", sagt Andreas Baron. Dreißig mal " Lieber guter Weihnachtsmann ... " hintereinander nervt selbst den geduldigsten Rotmantel. " Es wäre schön, wenn die Großen wieder mehr mit den Kleinen singen ", sagt Torsten Gatzsche, " Das macht die Weihnachtszeit schön. "

Und wie halten es die Kinder der Weihnachtsmänner mit den Geheimnissen der Vorweihnachtszeit ? " Ich war neulich in der Schule selbst Weihnachtsmann ", strahlt der kleine Carl. " Naja, auch meine Kinder haben nicht sehr lange an den Weihnachtsmann geglaubt ", schmunzelt Andreas Baron, " eines Tages hörte ich, wie mein Sohn meiner Tochter erklärte, dass Papa nicht nur die Telefonnummer des Weihnachtsmannes hat, sondern sogar selbst der Weihnachtsmann ist. "