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Station Nummer 18 bei Neuwegersleben kann regelmäßig besichtigt werden Telegrafisten senden Depeschen

Von Marlies Müller 06.08.2012, 03:22

Die Telegrafenstation Nummer 18 bei Neuwegersleben ist die einzige funktionstüchtige der früheren Telegrafenlinie von Berlin nach Koblenz. Sie kann von Besuchern besichtigt werden.

Neuwegersleben l "Ich finde es prima, dass der Telegrafenturm erhalten wird", lobte Dietmar Behns aus Tundersleben, der zusammen mit Elke Bormann aus Hornhausen für eine Besichtigung der einzigen funktionstüchtigen Telegrafenstation Nr. 18 der Telegrafenlinie von Berlin nach Koblenz die Öffnung des Denkmals nutzte. Die Telegrafenstation steht bei Neuwegersleben.

"Funktionstüchtig ist der sechs Meter lange Signalmast mit seinen sechs Flügeln noch immer", wusste Werner Neum von der Interessengemeinschaft "Optische Telegrafie" den Besuchern, die nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Braunschweig, Berlin oder Köln kamen, zu berichten. Gern erklärte er den Gästen die Funktionsweise und Einstellungsmöglichkeiten der insgesamt sechs Stellhebel im ehemaligen Stationsraum, die mit den Indikatoren auf dem Dach verbunden waren.

"4095 Zeichen konnten hier eingestellt werden", erläuterte er weiter und verwies auf die damals, allerdings nur bei gutem Wetter schnell funktionierende, optische Nachrichtenübermittlung des königlich-preußischen Militärs über insgesamt 62 Telegrafenstationen hinweg. Neugierig schauten die Besucher auch durch das original nachgebaute Fernrohr, das auf eine Flügelattrappe an Stelle der einstigen Station Nr. 17 bei Oschersleben zeigte.

Von dort herrschte von 1832 bis 1849 ein reger Sendebetrieb, wenn sogenannte Depeschen von Berlin aus in Richtung Koblenz unterwegs waren. Die Nachrichten wurden von Station zu Station sozusagen weitergewunken, der Inhalt jedoch blieb für die Telegrafisten in den einzelnen Telegrafentürmen verschlüsselt. "Natürlich kamen auch Nachrichten aus Richtung Koblenz", klärte Werner Neum weiter auf, wies aber auf eine Besonderheit hin. Aus dieser Richtung musste nämlich spiegelverkehrt gestellt und gelesen werden.

Großes Interesse und viele Fragen von den Besuchern gab es auch in der Ausstellung im Erdgeschoss des Gebäudes. Hier klärte Henning Fuchs von der Interessengemeinschaft "Optische Telegrafie" auf und gab bereitwillig Auskunft zur allgemeinen Geschichte der Optischen Telegrafie, verschiedener Telegrafenlinien anderer Länder sowie noch heute existierende Gebäude und deren Zustand der Linie Berlin-Koblenz. "Wir hatten in diesem Jahr auch außerhalb der Öffnungszeiten eine Reihe von angemeldeten Gruppen, die sich über die Funktionsweise des Turmes informieren wollten", berichteten Henning Fuchs und Susanne Hoffmann. Gern stellen sie für derartige Führungen verschiedene Zeichen am Signalmast ein, deren Flügelstellungen mit Hilfe des bereitgelegen Telegrafenalphabetes gelesen werden können. Insbesondere Schulklassen und Lehrer nutzen dabei zunehmend diese Art von Unterricht.

Auf Wunsch kann dabei auch die Telegrafenprüfung abgelegt und mit einer Telegrafistenurkunde belohnt werden. Wie weiter zu erfahren war, beschäftigt sich derzeitig ein Schülerprojekt mit dem Thema "Telegrafencorps", einer Spezialeinheit zum Betreiben der Telegrafenstationen, die vom preußischen Kriegsministerium eigens dafür geschaffen wurde.

Auch Fahrradgruppen besuchen regelmäßig die Station, wobei hier ein einzelner Radler ganz besonderes Interesse zeigte und mit seinem Zweirad sogar aus Braunschweig bis auf den Keutenberg nach Neuwegersleben radelte.

Am letzten Sonntag im August wird die Station wieder für den Besucherverkehr geöffnet sein. Interessierte Besucher oder Gruppen können jedoch auf Anmeldung außerhalb der regulären Öffnung eine Führung buchen. Auch zum Tag des offenen Denkmals am 9. September ist der Turm ganztägig zu besichtigen.