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Chris Nachtigall spielt die Hauptrolle im Kriegsdrama "Cruelty - Grausamkeit" Wernigeröder sorgt mit Kurzfilm für Furore

Chris Nachtigall - diesen Namen sollte man sich merken. Der 23 Jahre
alte Schauspieler hat die Hauptrolle im Kurzfilm "Cruelty - Grausamkeit"
gespielt, der gerade bei internationalen Filmfestivals abräumt. Ein
Erfolg, der für den Wernigeröder überraschend kommt.

Von Ivonne Sielaff 11.01.2014, 02:20

Wernigerode | Frankreich, Zweiter Weltkrieg. Ein Soldat irrt durch verschneite Wälder. Sein Blick ist verstört. Er hat seine Kameraden im Gefecht verloren, muss sich in der Fremde nun allein durchschlagen. Menschen kreuzen seinen Weg. Doch wer ist Freund, und wer ist Feind? Wer hat Schuld, und wer ist unschuldig? Wer darf weiterleben, wer muss sterben? Die Grenzen verwischen.

"Cruelty - Grausamkeit" heißt der Kurzfilm, der derzeit auf internationalen Festivals für Furore sorgt. In Delhi wurde der Film mit drei Preisen ausgezeichnet, wurde zum erfolgreichsten Beitrag des Wettbewerbs gekürt. Und das ist erst der Anfang. In den nächsten Wochen wird der 32 Minuten lange Streifen unter anderem in London, Vancouver, Sydney und Los Angeles und sogar beim renommierten Sundance Film Festival in Park City (Utah) gezeigt.

"Es ist eine Art Freiheit, auf der Bühne zu stehen."

Die Hauptrolle in "Cruelty" spielt der 23-jährige Chris Nachtigall. Für den gebürtigen Wernigeröder mit den blauen Augen und der markant dunklen Stimme ist es der erste Ausflug ins Filmgenre. Bereits vor zwei Jahren habe Regisseur Tim Augurske ihn gefragt, ob er Interesse an der Rolle hat. "Bis wir dann gedreht haben, sind noch einmal anderthalb Jahre vergangen", erinnert sich Nachtigall. Gefilmt wurde an der Ostsee, im Forst um Berlin sowie auf einem Trainingsgelände der Polizei. "Es war das größte Team, mit dem ich bisher gearbeitet habe", so der Schauspieler. "Bestimmt 60 Leute. Aber alles war sehr gut organisiert - trotz der vielen Ortswechsel." Schon immer habe er sich fürs Schauspielern interessiert, wirkte schon als Jugendlicher bei Projekten im Schlosstheater Ballenstedt und in Halberstadt mit. "Für mich bedeutet es eine gewisse Art von Freiheit, auf der Bühne zu stehen", beschreibt Nachtigall seine Leidenschaft. "Da gelten keine normalen Gesetze und sozialen Normen. Ich kann jemanden ermorden, von der Bühne gehen. Und alles ist gut."

"Keiner von uns hat mit diesem Erfolg gerechnet."

Seine Familie hätte seinen Berufswunsch zuerst belächelt. "Da musste ich mich erst einmal durchsetzen, ihnen beweisen, dass das Schauspielern für mich nicht nur eine fixe Idee ist." Später hätten ihn seine Eltern aber unterstützt. Nach dem Fachabitur und der Bundeswehr sprach er an etlichen Schauspielschulen vor. "Eine Odyssee durch Deutschland und Österreich." Schließlich wurde er an der Fritz-Kirchhoff-Schule in Berlin angenommen, wo er seither Schauspiel und Synchronsprechen studiert. Neben dem Studium wirkt er in Theaterstücken, wie zum Beispiel als Ferdinand im Schillerdrama "Kabale und Liebe", mit.

"Meine Eltern sind inzwischen meine größten Fans", sagt der Wernigeröder lächelnd. Selbstverständlich waren sie bei der Premiere von "Cruelty" in Berlin dabei. "Und sie fanden mich super." Der Erfolg des Kurzfilms habe ihn überrascht. "Keiner von uns hat damit gerechnet. Es ist toll." Dabei empfinde er es eher als unangenehm, sich selbst auf der großen Leinwand zu sehen, die eigene Stimme zu hören. Seine berufliche Zukunft sieht er deshalb beim Theater.

"Ich bin jetzt im letzten Semester, die Abschlussprüfungen stehen an." Was danach kommt, wer weiß. Als freischaffender junger Künstler habe man es schwer. Deshalb sei es sein Ziel, bei einem Theaterensemble angestellt zu werden. Also keine Karriere beim Film? "Eher nicht", sagt Chris Nachtigall, der sich aber alle Möglichkeiten offenhalten will. Nach seinen Idolen gefragt, denkt der 23-Jährige nur kurz nach. "Charlie Chaplin und Heinz Rühmann." Beide seien vor allem als Clowns berühmt gewesen, waren aber dennoch ernstzunehmende Schauspieler. "Beiden Männern wurden im Leben viele Steine in den Weg gelegt. Aber sie haben es aus eigener Kraft geschafft, diese Hürden zu überwinden. Sie sind sich treu geblieben und ihren Weg gegangen. Das bewundere ich."