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Eberhard Schröder (Linke) bemängelt unkritische Bewertung des deutschen Kolonialismus Kritik an Sanierung von Offiziers-Gräbern

25.01.2014, 01:20

Blankenburg (jmü) l Der Vorschlag von Bürgermeister Hanns-Michael Noll (CDU), die Grabstätten der Marinekommandanten Karl von Müller und Johannes Christ auf dem Blankenburger Waldfriedhof mit Hilfe von Spenden der Besatzung der ehemaligen Bundeswehr-Fregatte "Emden" zu sanieren, stößt bei Kreistagsmitglied Eberhard Schröder auf Unverständnis. Der Politiker der Partei Die Linke äußert erneut Bedenken gegen die seiner Meinung nach unkritische Bewertung der Taten des deutschen Kolonialismus.

"Dies ist offensichtlich inzwischen typisch für Blankenburg und die Vertreter der außer Dienst gestellten ,Emden\'", erklärt Schröder. So sei bereits der kaiserliche Marineoffizier Karl von Müller in Blankenburg für seine "fragwürdigen militärischen und politischen Leistungen gewürdigt" worden. Die Herrichtung der Grabstätte von Johannes Christ füge sich nahtlos daran an.

Laut Schröder wurde Johannes Christ am 7. Januar 1855 in Frankfurt/Oder geboren und war Major der Kaiserlichen Marine im 3. Seebataillon. Dieser Verband sei mit dem Geist der "Hunnenrede" von Kaiser Wilhelm II. nach China geschickt worden, um das Aufbegehren von Teilen der chinesischen Bevölkerung gegen die Kolonialmächte ("Boxeraufstand") niederzuschlagen. Wilhelm II. sagte am 27. Juli 1900 in seiner berüchtigten Rede zu den Soldaten: "Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht!"

"Die deutschen Truppen gingen dementsprechend brutal und ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung in einer Stärke von 20 000 Soldaten, davon 3000 Matrosen vor", so Eberhard Schröder. Major Christ war nach seinen Recherchen Offizier auf der SMS "Irene" und befehligte bei einem Landeinsatz zwei Kompanien, die unmittelbar an der Niederschlagung des Aufstandes in Tientsin beteiligt waren. Er überlebte diese Kämpfe, starb jedoch am 14. Februar 1902 in Tsingtau. "Möge er wie Karl von Müller weiter in Blankenburger Erde ruhen", schreibt Schröder. Der Links-Politiker weiter: "Ich weiß nicht, ob die möglichen chinesischen Investoren in Blankenburg nur wirtschaftliche Interessen verfolgen oder ob sie auch diese Art der Geschichtsklitterung in Blankenburg zur Kenntnis nehmen werden."

Das Grabmal von Johannes Christ in Blankenburg ist eine schwarze Marmorstele, die von mehreren Säulen umsäumt wird. Diese bilden einen Schiffsbug nach. Eine die Säulen verbindende Ankerkette war vor Jahren gestohlen worden, ebenso das Bronzerelief im oberen Teil des Grabsteins.